Armutsrisiko: Fast zwei Drittel der Geflüchteten in Deutschland sind armutsgefährdet

Datum15.10.2025 10:24

Quellewww.zeit.de

TLDREine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt, dass 63,7 % der Geflüchteten in Deutschland 2022 armutsgefährdet sind, ein Anstieg im Vergleich zu 2010. Die Armutsquote für Menschen ohne Migrationshintergrund beträgt lediglich ca. 13 %. Ursachen sind Sprachbarrieren und Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen. Positiv ist, dass die Armutsquote bei Geflüchteten zuletzt gesunken ist, was auf eine bessere Arbeitsmarktintegration zurückzuführen ist. Die Studie fordert stärkere Fördermaßnahmen zur Einkommensgleichenheit.

InhaltWer nach Deutschland flüchtet, ist hier laut einer Studie in vielen Fällen einem Armutsrisiko ausgesetzt. Auch bei Menschen mit Migrationsgeschichte ist die Quote hoch. Ein Großteil der nach Deutschland geflüchteten Menschen ist armutsgefährdet. Das ergab eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Im Jahr 2022 waren es demnach 63,7 Prozent. 2010 lag diese Quote dem DIW zufolge noch bei 42 Prozent. Allerdings sei positiv festzustellen, dass das Armutsrisiko für Geflüchtete zuletzt wieder etwas abnahm. So lag die Armutsrisikoquote 2020 noch bei fast 70 Prozent. In Deutschland gilt als armutsgefährdet, wer über weniger als 60 Prozent des Medians der Haushaltsnettoeinkommen verfügt. Für eine Einzelperson lag die Schwelle zum Armutsrisiko im Jahr 2022 somit bei 1.419 Euro pro Monat. Insgesamt stagniert die Armutsrisikoquote – auch Niedrigeinkommensquote genannt – laut der Studie seit 2019. Im langfristigen Vergleich seit 1995 stieg sie jedoch. "Unter Personen mit Migrationshintergrund und insbesondere unter Geflüchteten ist die Niedrigeinkommensquote überdurchschnittlich hoch, während sie bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund seit mehr als zehn Jahren nahezu unverändert ist", schreibt das DIW. So galten zuletzt jährlich knapp 13 Prozent der Menschen ohne Migrationshintergrund als armutsgefährdet. Selbst bei Personen, die aus anderen EU-Staaten eingewandert sind, ist die Niedrigeinkommensquote den Angaben zufolge mit rund 26 Prozent doppelt so hoch. Im Schnitt der Gesamtbevölkerung liegt sie bei rund 17 Prozent. Als Gründe nennt das DIW unter anderem Sprachprobleme oder Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen. Andere Studien nannten in der Vergangenheit auch rassistische Diskriminierung als Grund für Armut. Dass die Armutsrisikoquote bei Geflüchteten zuletzt gesunken ist, führen die Forscher auf die zunehmende Arbeitsmarktintegration zurück. Am stärksten armutsgefährdet sind der DIW-Erhebung zufolge Erwerbslose. Hier liegt die Quote bei 71,4 Prozent. Im langjährigen Vergleich stieg sie um 16,5 Prozent an. Laut DIW-Ökonom Markus Grabka zeige sich deutlich, "dass Arbeit vor Armut schützt". Insgesamt stellt die Studie fest, dass die Reallöhne und die verfügbaren Einkommen in Deutschland zuletzt – erstmals seit 2013 – wieder gesunken sind. Grund dafür sei die hohe Inflation der Jahre 2021 und 2022. Zudem gehe die Schere bei den Haushaltseinkommen weiter auseinander. "Um die Einkommensungleichheit und das Armutsrisiko zu senken, sollte die Integration bestimmter Gruppen in den Arbeitsmarkt stärker gefördert werden", sagte Grabka.