Madagaskar: Was ist los in Madagaskar?

Datum14.10.2025 18:15

Quellewww.zeit.de

TLDRIn Madagaskar hat Präsident Andry Rajoelina nach wochenlangen Protesten und Verlust der militärischen Unterstützung das Land verlassen, während das Militär die Macht übernommen hat. Ein Amtsenthebungsverfahren wurde eingeleitet, und Oberst Michael Randrianirina erklärte die Verfassung für ausgesetzt. Die Proteste, ausgelöst durch Wasser- und Stromknappheit, mündeten in eine Bewegung gegen Korruption und schlechte Regierungsführung. Das Oberste Gericht forderte Randrianirina auf, innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen einzuleiten.

InhaltDer madagassische Präsident Andry Rajoelina ist geflohen, das Militär hat die Macht übernommen. Was hat die Krise ausgelöst? Und wie geht es jetzt weiter? Ein Überblick Politisches Chaos in Madagaskar: Nach wochenlangen Protesten hat sich Präsident Andry Rajoelina ins Ausland abgesetzt, zurücktreten will er aber nicht. Das Militär hat ihm die Unterstützung entzogen und mitgeteilt, die Macht übernommen zu haben. Das Parlament hat derweil ein Amtsenthebungsverfahren gegen Rajoelina eingeleitet. Noch ist die Lage unübersichtlich. "Wir ergreifen die Macht", sagte Oberst Michael Randrianirina, Kommandant der Spezialeinheit Capsat, am Dienstagnachmittag. Die Verfassung sei ausgesetzt, ein Präsidentschaftsrat aus Angehörigen von Armee und Gendarmerie eingesetzt. Man werde einen Premierminister ernennen, der rasch eine Zivilregierung bilden solle. Die Eliteeinheit Capsat hatte sich bereits am Wochenende den Protesten gegen die Regierung angeschlossen. Der bisherige Präsident Andry Rajoelina hat sich bisher nicht zu der Machtübernahme durch das Militär geäußert. Er hatte zuvor in sozialen Medien ein Dekret veröffentlicht, mit dem er das Parlament aufgelöst hatte. Die Opposition erklärte das für rechtswidrig. Das Parlament leitete ein Amtsenthebungsverfahren ein, was Rajoelina wiederum als verfassungswidrig bezeichnete. Rajoelina hatte sich bereits am Wochenende ins Ausland abgesetzt, einen Rücktritt aber abgelehnt. Wo genau er sich aufhält, ist unklar. Das Oberste Gericht des Landes lud Randrianirina dazu ein, das Präsidentenamt zu übernehmen und bat ihn darum gebeten, innerhalb von 60 Tagen Neuwahlen zu organisieren. Der bisherige Präsident könne seine Aufgaben nicht mehr wahrnehmen, so das Gericht. Randrianirina selbst kündigte eine Übergangsphase von "maximal zwei Jahren" an, während der es ein Referendum über eine neue Verfassung geben solle. Erst danach solle neu gewählt und sollten neue Institutionen eingesetzt werden.  Seit Ende September gibt es Proteste, insbesondere junger Menschen in Madagaskar, einem der ärmsten Länder der Welt. Ausgelöst wurden sie durch Wasser- und Stromknappheit. Die Demonstrationen entwickelten sich zu einer Protestbewegung gegen Korruption, schlechte Regierungsführung und mangelnde Grundversorgung. Einsatzkräfte gingen gewaltsam gegen die Proteste vor.  Dabei wurden nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 22 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt. Der 51-jährige Rajoelina regiert den afrikanischen Inselstaat seit 2009. Mit 34 Jahren war er zu seinem Amtsantritt der jüngste Regierungschef der Welt. Schon vor seinem Wechsel in die Politik war Rajoelina in Madagaskar bekannt – als DJ unter dem Namen TGV und als Besitzer eines Radiosenders. 2007 wurde er zum Bürgermeister der madagassischen Hauptstadt Antananarivo gewählt. Präsident wurde Rajoelina durch einen Putsch: Die Eliteeinheit Capsat, die jetzt die Macht übernommen hat, setzte damals den amtierenden Präsidenten Marc Ravalomanana ab und brachte Rajoelina ins Amt, obwohl der gemäß der madagassischen Verfassung eigentlich zu jung dafür war.   Madagaskar war bis 1960 französische Kolonie. Bis heute machen viele Menschen die ehemalige Kolonialmacht zumindest teilweise für die katastrophale wirtschaftliche Lage im Land verantwortlich. Rajoelina hat neben der madagassischen auch die französische Staatsbürgerschaft, bei den Protesten wurde er als Marionette Frankreichs bezeichnet. Berichten zufolge wurde Rajoelina am Sonntag von einer französischen Militärmaschine aus Madagaskar ausgeflogen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnte am Montag ein Statement dazu ab und äußerte lediglich "große Besorgnis" über die Lage in Madagaskar. Zuvor hatte Macron mitgeteilt, dass die verfassungsmäßige Ordnung gewahrt bleiben müsse. Die Anliegen der Jugend seien zwar verständlich, dürften aber nicht von militärischen Gruppen ausgenutzt werden, fügte er hinzu. Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa, AFP, Reuters und epd