SPIEGEL-Jahresrückblick: Als Herr Veltins mir Kokain empfahl

Datum30.12.2025 17:24

Quellewww.spiegel.de

TLDRCarl-Clemens Veltins, Sohn der Brauereibesitzerin Rosemarie Veltins, scheiterte vor Gericht, als er versuchte, einen Teil des Millionenerbes seiner Familie zu reclaimen. In einem Interview reflektierte er über sein Leben, seine frühere Drogenabhängigkeit und seinen Lebensstil. Trotz seines gescheiterten Prozesses plant er, ein neues Geschäft aufzubauen und denkt über eine TV-Dokumentation nach. Seine Einstellung bleibt optimistisch: "Geld regiert die Welt", sagt er, und zeigt sich unbeeindruckt von den Rückschlägen.

InhaltDer Brauereispross wollte ein Millionenerbe einklagen – und unterlag. Bei unserem Treffen in Berlin schwärmte mir Carl-Clemens Veltins von Drogen vor. Wie geht es ihm heute? Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde. In persönlichen Jahresrückblicken berichten SPIEGEL-Redakteurinnen und -Redakteure, welche Texte sie 2025 besonders beschäftigt haben. Schwer zu sagen, wofür Carl-Clemens Veltins mich bei unserem Treffen mehr belächelt hat. Weil ich, wie ich ihm erzählte, nur alkoholfreies Bier trinke, woraufhin der Brauereispross mitleidig schaute. Oder als er wissen wollte, ob ich mal Kokain genommen hätte, was ich verneinte. "Das solltest du probieren", sagte er. "Also, Kokain ist eine Offenbarung." Für einen Moment fürchtete ich, der 63-Jährige könnte ein Beutelchen mit weißem Pulver aus der Tasche ziehen. Veltins war 2005 wegen Kokainhandels zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Aber er sagte, er sei weg davon. Veltins und ich trafen uns Anfang September im Berliner SPIEGEL-Büro. Im Interview gab er sich angriffslustig, abfällig, dann wieder kumpelig, zwischendurch verfiel Veltins ins Du. Zweieinhalb Stunden lang redeten wir über sein Leben. Ich mochte seine unterhaltsame Art, in meiner Familie hätte ich ihn ungern. Veltins ist das jüngste von drei Kindern der Unternehmerin Rosemarie Veltins, die bis zu ihrem Tod 1994 die Familienbrauerei im Hochsauerland leitete. Anders als seine beiden Schwestern ging er beim Erbe leer aus. Über seine ältere Schwester Susanne, Alleininhaberin der Brauerei, lästerte er in unserem Gespräch: "Dafür musste sie ihr Leben lang in dem Kaff Meschede hocken, wo die Firma ihren Sitz hat. Ich weiß nicht, ob meine Schwester glücklicher ist als ich." Carl-Clemens Veltins mag über kein großes Vermögen verfügen. An Selbstbewusstsein scheint er reich. Ich hatte seinen Fall in der Presse verfolgt. 2024, kurz vor dem 30. Todestag der Mutter, hatte Veltins seine Schwestern verklagt, er wollte am Millionenerbe teilhaben. Der Zeitpunkt war kein Zufall, nach 30 Jahren lässt sich ein Testament nicht mehr anfechten. Im Juni 2025 scheiterte Veltins vor dem Landgericht Arnsberg. Einige Tage später schrieb ich seinem Anwalt, ob er einen Kontakt herstellen könne. Zwei Monate später meldete Veltins sich. Als wir in Berlin zusammensaßen, sagte ich, dass ich seine Mutter verstehen könne. In den Achtzigerjahren hatte sie ihm mindestens fünf Millionen Mark zukommen lassen, von der Summe war am Ende nichts übrig. Veltins sagte: Er habe investiert, viel gefeiert "und hatte immer wunderschöne Frauen". Zehn Jahre lang habe er "super gelebt", eine Zeit lang auch auf Teneriffa. Nun sei er auf dem Weg in die nächste Instanz, er rechne sich gute Chancen aus. Er habe einen Prozesskostenfinanzierer, der im Erfolgsfall prozentual beteiligt würde. Vom Bürgergeld, das Veltins laut eigener Aussage zuletzt bezogen hatte, habe er sich abgemeldet. "Wenn das hier vorbei ist, wohne ich wieder auf Teneriffa und halte meinen Wanst in die Sonne." Mitte September wird unser Gespräch veröffentlicht, wir haben noch einmal Kontakt, danach höre ich nichts mehr von ihm. Anfang November lese ich, Veltins habe Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren beantragt, das Oberlandesgericht Hamm habe sie verwehrt, mangels Aussichten auf Erfolg. Anfang Dezember gibt das Gericht bekannt, dass Veltins auf eine Berufung verzichte. Das Verfahren sei abgeschlossen. Im Dezember telefonieren wir. Ich berichte, dass ich noch immer nicht gekokst habe. Veltins sagt, er lebe wieder auf Teneriffa, bei Freunden. Gerade koche er. Hähnchen und Kartoffeln, dazu gebe es Weißwein. Ist er enttäuscht? "Ein wenig schon. Aber ich habe es kommen sehen. Leute, die kein Geld haben, haben keine Möglichkeit, ihr Recht einzuklagen. Geld regiert die Welt." Sein Finanzier habe irgendwann die Lust verloren, er könne das verstehen, "der Mann hat durch den Prozess bereits eine Million Euro verloren". Veltins spricht davon, sich selbstständig zu machen. "Ich überlege, ins Beherbergungsgeschäft einzusteigen." Mit Ferienwohnungen? Hotels? Das lässt er offen. Womöglich werde eine TV-Dokumentation über sein Leben gedreht. Zwei Produktionsfirmen seien interessiert. Veltins klingt wie ein Gewinner.