Datum30.12.2025 13:47
Quellewww.zeit.de
TLDRElke Schilling, 82, gründete die Hotline "Silbernetz" für einsame ältere Menschen, um ihnen in Zeiten der Einsamkeit, besonders nachts, Mut zu machen. Inspiriert von der traurigen Entdeckung eines verstorbenen Nachbarn, richtet sich ihr Angebot an Personen ab 60 und wuchs in der Pandemie stark. Neben Einsamkeit von Senioren sollen auch pflegende Angehörige angesprochen werden. Die Hotline ist täglich erreichbar, besonders an emotionalen Tagen wie Weihnachten. Schilling betont die Wichtigkeit sozialer Kontakte im Alter.
InhaltElke Schilling hat eine Hotline für einsame, ältere Menschen gegründet. Im Podcast erzählt sie, wer bei ihr anruft und wie sie den Senioren Mut zuspricht. "Nachts ist die Einsamkeit am schärfsten, da kommt alles zusammen – die Kontaktlosigkeit, die Dunkelheit und die Schlaflosigkeit", sagt Elke Schilling, Gründerin und Vorsitzende des Seniorentelefons Silbernetz, im Podcast Frisch an die Arbeit. Schilling, selbst schon 82 Jahre alt, hat in der DDR Mathematik studiert, zwischen 1969 und 1989 als Programmiererin gearbeitet, wurde mit der Wiedervereinigung arbeitslos und begann eine Karriere in der Politik. Erst wurde sie Staatssekretärin für Frauenfragen in Sachsen-Anhalt, dann Beraterin für Unternehmen und schließlich Gründerin einer Telefonseelsorge. Der entscheidende Impuls für das sogenannte Silbernetz kam Schilling durch ein persönliches Erlebnis: Ein älterer Nachbar verschwand plötzlich aus ihrem Alltag, wochenlang brannte Licht in seiner Wohnung, dann tauchten Fliegen auf. Als der Vermieter schließlich die Tür öffnen ließ, stellten sie fest: Der Nachbar war seit Wochen tot. Im Gespräch sagt Schilling: "So einsam darf kein Mensch sein." Und doch sind solche Todesfälle nicht selten, erzählt sie: "In jeder deutschen Großstadt sterben jedes Jahr rund 300 Menschen auf diese Weise." 2015 gründete sie deshalb einen Verein und orientierte sich dabei an einer Idee aus Großbritannien. Ursprünglich wollte sie eine Hotline für einsame, ältere Menschen in Berlin erschaffen. Heute gibt es zusätzlich zum Verein mit fast 350 Ehrenamtlichen ein Sozialunternehmen mit mehr als 30 Mitarbeitenden. Das Angebot von Silbernetz richtet sich an Menschen ab 60 Jahren, aber "meine älteste Anruferin war 109 Jahre alt", erzählt Elke Schilling. Über das Jahr ist das Telefon täglich zwischen 8 und 22 Uhr zu erreichen, an Weihnachten, erzählt Schilling, sitzen die Ehrenamtlichen der Hotline sogar Tag und Nacht an den Apparaten. "Die Weihnachtszeit ist unglaublich emotional aufgeladen", sagt Schilling. "Eigentlich klingelt das Telefon dann die ganze Zeit." Eine der Zielgruppen des Silbernetzes seien natürlich Menschen über 85, die körperlich oft nicht mehr mobil seien und deren Gesprächskreis sich dadurch verkleinere: "Je älter man wird und je mobiler man eingeschränkt ist, desto weniger Kontakte hat man – und desto weniger neue kann man knüpfen." Aber auch pflegende Angehörige, erzählt Schilling, seien oft einsam. "Ihr sozialer Kreis schrumpft durch die Pflege auf eine einzige Person", sagt Schilling. Im Podcast erzählt Schilling außerdem, wie das Silbernetz in der Pandemie stark wachsen konnte, warum Geld ihre größte Sorge ist und welchen Tipp sie Menschen gibt, die sich vor dem Anruf bei der Großtante drücken. "Frisch an die Arbeit" wird jeden zweiten Dienstag veröffentlicht. Es moderieren im Wechsel Daniel Erk, Hannah Scherkamp und Elise Landschek. Das Team erreichen Sie unter frischandiearbeit@zeit.de.