Datum30.12.2025 09:37
Quellewww.spiegel.de
TLDRDer Artikel präsentiert fünf kostengünstige Rezepte für 2025, die Leserinnen und Leser begeistern. Autor Sebastian Maas thematisiert die Herausforderungen, kreativ und lecker zu kochen, trotz finanzieller Einschränkungen. Besonders beliebt sind Gerichte mit asiatischen Einflüssen, frischen Gemüsevariationen und modernen Aromen. Maas reflektiert auch über einen umstrittenen Tsatsiki-Rezept und die damit verbundene Kritik, die er für seine kulturelle Sensibilität annehmen muss. Die Kolumne ermuntert zur Interaktion und Verbesserung durch Leserfeedback.
InhaltVier kulinarische Highlights aus 2025 – und ein umstrittenes Gericht, für das unser Autor (verdient) viel Schelte einstecken musste. Es ist so süß, das Leben als Kochkolumnist. Man bekommt liebe Mails von Leserinnen und Lesern, die sich für die Rezepte bedanken, dazu interessierte Nachfragen und sogar spannende Tipps und Tricks zugesendet. Kein Vergleich zu dem, was meine auf Politik spezialisierten Kolleginnen und Kollegen so in ihren Postfächern finden. Hass, Gewaltandrohungen und die Aufforderung, sich bitte aufzuhängen, gehören da zur Tagesordnung. Der Diskurs ist 2025 nicht nur weiter nach rechts gerückt, sondern oft einfach unmenschlich und irre geworden. Bafög oder Azubigehalt sind schon wieder fast aufgebraucht? Der Obstkorb beim unbezahlten Agenturpraktikum war geräubert? Und bitte nicht schon wieder Pizzatoast? Alles kein Problem: In dieser Kolumne zeigt SPIEGEL-Redakteur und Hobbykoch Sebastian Maas, wie man trotz Flaute auf dem Konto leckere und besondere Gerichte zaubern kann. Dabei gibt es nur zwei Regeln: Ganz anders hier: Selbst die (berechtigte) Kritik, die ich hier in meiner kleinen Wohlfühl-Bubble bekomme, hat meistens Hand und Fuß. Manchmal erwähne ich eine Zutat in der Einkaufsliste, aber verrate nie, wo sie im Gericht landet. Gelegentlich nutze ich eine für Nicht-Köche unerträgliche Menge Salz. Und manchmal bezeichne ich Pilze als Gemüse, obwohl sie zum neu gekrönten Königreich der Funga gehören und obendrein dichter mit Tieren (Fauna) als mit Pflanzen (Flora) verwandt sind. Nur einmal habe ich mir 2025 wirklich einen Affront geleistet, für den es kulturellen Ärger gab. Mehr dazu am Ende des Textes. Zumeist aber schmeckt Ihnen, was ich hier zusammenschreibe. Schaut man sich die Zugriffszahlen und Kommentare an, haben Ihnen diese vier Rezepte in diesem Jahr besonders gefallen. Kritiker könnten mir vorwerfen, dass diese Kolumne bald "Ostasiatisch Kochen ohne Kohle" genannt werden müsste. Dieses Rezept ist aber einer der Beweise, dass Sie gerade meine Tipps aus Japan, Korea und China besonders interessieren. Nicht verwunderlich, mich hat es auch sehr überzeugt, sodass ich diesen Blitzsalat gleich mehrfach zu Familien-Grillfesten und Partys mitgebracht habe. Und ja, auch im Stehen in der Küche direkt aus der Tüte mal eine Portion weggefräst habe. Die Komponenten: überraschend frisch-schmeckender (roher!) Kohl und ein leicht gemachtes Dressing mit viel Umami und angenehmer Schärfe. Wichtig ist nur zu betonen, dass Sie geröstetes Sesamöl brauchen, für den nussigen Eigengeschmack – hier gab es einige Nachfragen. Dieses Rezept esse ich seit mindestens fünf Jahren regelmäßig, weil es mit bloß einer Gurke und einer Handvoll Soßen aus dem Kühlschrank in Windeseile fertig ist. Ideal als knackige und würzige Beilage zu Reis- und Eigerichten, zu gebratenem Tofu oder einfach als schnelles Mittagessen, wenn man eben dringend mal eine Gurke essen muss. Optisch eher ein Sommergericht, geschmacklich aber das ganze Jahr über relevant. Die Komponenten: Gurke, Sesam, Reisessig und Sojasoße, dazu Chili und Knoblauch. Wer für den Suchtkohl eingekauft hat, hat eigentlich auch alles hierfür da. Gesellschaftstheoretiker mutmaßen, dass ein stärkerer Fokus auf Schönheitsideale ein Indikator für das Wiedererstarken des Faschismus in der Welt ist. Insofern passt es, dass hier schon das dritte Salatrezept auf der Liste steht – und die Kolumne aus dem Januar sich auch noch explizit mit Angst vor Donald Trumps Präsidentschaft beschäftigte. Seitdem war auch ich häufiger im Fitnessstudio. Einfach für den Fall, dass ich abends mal einem durchgeknallten Neonazi auf der Straße entgegentreten muss. Wer wie ich viel pumpt, braucht auch Proteine, und da sind Bohnen wie in diesem Rezept ein dankbarer, natürlicher Lieferant. Die Komponenten: gegrillter Mais, rauchige Bohnen und spritzige Limette. Das Leben war 2025 bitter, hatte aber immer die Option, süßer zu werden. Als Metapher dafür kann man den Rosenkohl sehen, der vor wenigen Jahrzehnten noch wie ein Hammer auf den Kopf schmeckte, heute aber weitestgehend alle Bitterstoffe herausgezüchtet bekommen hat. Wer als Kind Berührungsängste mit dem kleinen Kohl hatte, möchte ihm daher vielleicht noch mal eine Chance geben. In meiner Kolumne (Sie ahnen es) passierte das dieses Jahr als ... Salat! Die Komponenten: herbstlich angehauchter, im Ofen gebackener Rosenkohl, mit Apfel, selbst gemachten Croûtons und süßlichem Honig-Senf-Dressing verfeinert. Und dann ist da noch mein Affront gewesen. Er lag in einem einzelnen Wörtchen, das ich selbst eigentlich schon lange aus meinem Kochvokabular gestrichen haben sollte: "echt". Denn als deutsche Kartoffel kann ich außer Grün-, Weiß- und Rotkohl im Grunde fast gar nichts authentisch kochen. Auf jeden Fall kann ich nicht final beurteilen, ob etwas "echt griechisch" ist. 2025 habe ich es trotzdem getan, als es um Tsatsiki ging. Und mir dabei die Frechheit erlaubte, Zitrone und Minze in meine Joghurtcreme zu mixen. Viele Mails gab es dazu. Die wenigsten waren erfreut. Eine Leserin schrieb mir: "Ich habe mich schon oft mit anderen Griechen darüber unterhalten, dass es immer Leute gibt, die Minze und Zitrone ins Tsatsiki mischen, und fast immer waren sie davon angewidert. Es besteht auch die Meinung unter vielen Griechen: Je mehr Zutaten ins Tsatsiki kommen, desto minderwertiger müssen wohl die Grundzutaten sein – damit man den Geschmack noch irgendwie retten kann. Daher bitte ich Sie, bitte setzen Sie diesen Mythos nicht fort, dass Zitrone und Minze in ein anständiges Tsatsiki gehören." Ich möchte mich hiermit bei allen Menschen entschuldigen, denen ich mit diesem Rezept auf die Füße getreten bin. Es lag nicht an Bosheit, nur an Ignoranz. Wer das Rezept trotzdem nachkochen möchte, findet es hier. Nicht original griechisch, aber original von mir: Was hat Ihnen dieses Jahr besonders gut gefallen, was weniger? Was würden Sie sich von dieser Kolumne (und mir) wünschen? Habe ich einen blinden Fleck, sollte ich mich mehr mit anderen Küchen und Regionen auseinandersetzen? Schreiben Sie mir gern eine Mail oder folgen Sie mir auf Instagram .