Datum30.12.2025 06:18
Quellewww.spiegel.de
TLDRDer Bericht der Initiative World Weather Attribution für 2025 dokumentiert die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels, die zu 157 Extremwetterereignissen weltweit führten, darunter Hitzewellen, Stürme und Dürren. Besonders betroffen sind verwundbare Gemeinschaften. Der Klimawandel erhöhte die Wahrscheinlichkeit und Intensität vieler dieser Ereignisse erheblich. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, scheint zunehmend unrealistisch, während die Schäden und Risiken für besonders gefährdete Gruppen, insbesondere Frauen im Globalen Süden, steigen.
InhaltVerheerende Wirbelstürme, Feuer und Dürren: Im Jahr 2025 hatte die Welt mit Extremwetter zu kämpfen, das es ohne den Klimawandel so nicht gegeben hätte. Das ist das Ergebnis von Attributionsstudien. Im Jahr 2025 führte der Klimawandel weltweit zu extremen Wetterereignissen, die insbesondere stark benachteiligte und verwundbare Gemeinschaften trafen. Zudem waren die globalen Temperaturen außergewöhnlich hoch, es wurden deutlich intensivere Hitzewellen als vor zehn Jahren registriert und Millionen Menschen kamen an die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit. Das geht aus dem Jahresbericht 2025 der Initiative World Weather Attribution (WWA) hervor. "Jedes Jahr werden die Risiken des Klimawandels weniger hypothetisch und mehr zu brutaler Realität", bilanziert die Studienleiterin Friederike Otto vom Imperial College London in einer WWA-Mitteilung. Für dieses Jahr zählten die WWA-Wissenschaftler weltweit 157 Extremwetterereignisse: 49 Überschwemmungen, 49 Hitzewellen, 38 Stürme, 11 Flächenbrände, 7 Dürren und 3 Kälteeinbrüche. In die Liste aufgenommen werden Ereignisse nur dann, wenn ein gewisser Schwellenwert überschritten wird: etwa bei mehr als 100 Todesfällen, bei mehr als einer Million Betroffener oder wenn der Notstand oder Katastrophenfall auf nationaler oder regionaler Ebene ausgerufen wird. Die Gruppe betrachtete 22 der 157 Ereignisse genauer. 17 davon sind demnach durch den Klimawandel wahrscheinlicher geworden oder stärker ausgefallen. Für lediglich fünf davon – sämtlich extreme Regenfälle – gab es keine eindeutigen Ergebnisse. Zu den übrigen Ereignissen gehörte etwa eine siebentägige Hitzewelle im Februar im Südsudan mit Temperaturen bis zu 40 Grad. Ohne Klimawandel wäre es der Analyse zufolge höchstens 36 Grad heiß geworden. Zu den verheerenden Flächenbränden im Nordwesten der Iberischen Halbinsel im August ergaben Modellberechnungen, dass der Klimawandel Brände eines solchen Ausmaßes 40 Mal wahrscheinlicher gemacht hat. Und über die Flächenbrände in Los Angeles im Januar schreiben die Forschenden: "Diese Brände haben etwa 400 Todesopfer gefordert, die versicherten Schäden belaufen sich auf 30 Milliarden US-Dollar – die größten jemals verzeichneten versicherten Waldbrandschäden –, und die unversicherten Schäden sind wahrscheinlich noch viel höher." Der Klimawandel hat die Wahrscheinlichkeit für diese Brände demnach um 35 Prozent erhöht. Mit Blick auf tropische Wirbelstürme berichten Otto und Kollegen, dass viele von ihnen eine Kategorie stärker waren, als es ohne Klimawandel der Fall gewesen wäre. So brachte der Hurrikan Melissa , der im Oktober unter anderem über Jamaika und Kuba hinwegzog, Windgeschwindigkeiten von bis zu 288 Kilometer pro Stunde mit sich. Ohne Klimawandel wären es demnach 270 Kilometer pro Stunde gewesen. Bei einer Erderwärmung um 2 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit – derzeit geht das Team von 1,3 Grad aus – wären unter denselben Bedingungen Spitzengeschwindigkeiten von 295 Kilometer pro Stunde zu erwarten. Dem Bericht zufolge wird das Jahr 2025 voraussichtlich bei der globalen Erwärmung zum dritten Mal in Folge die Marke von 1,5 Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit überschreiten. Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dieses Ziel gilt inzwischen jedoch als unrealistisch. Sollten Maßnahmen zum Klimaschutz voll umgesetzt werden, werde sich die Erde voraussichtlich um 2,6 Grad erwärmen, statt um 4 Grad Celsius, schreibt die Gruppe. "Der Bericht ist ein neuer Weckruf der Wissenschaftsgemeinschaft zum Klimaschutz", sagte Rubén del Campo , Sprecher der spanischen Wetterbehörde (AEMET), dem spanischen Science Media Centre (SMC). Die Attributionsstudien, auf denen der Bericht basiert, seien sehr komplex, "aber die Methodik ist peer-reviewed und damit wissenschaftlich abgesichert", sagt er weiter. Eine der für ihn wichtigsten Botschaften des Berichts: "Jede Zehntelgraderwärmung zählt." Seit dem Pariser Abkommen habe sich der Planet um 0,3 Grad Celsius erwärmt, was elf zusätzliche Tage extremer Hitze pro Jahr im Vergleich zu vor einem Jahrzehnt bedeutet. Der Report verdeutlicht zudem die Verwundbarkeit bestimmter Regionen des Globalen Südens. "Besonders auffällig ist das überproportionale Risiko, dem Frauen in Ländern wie Südsudan ausgesetzt sind", erklärt Froila Palmeiro vom CMCC Italia auf SMC-Nachfrage. Dies liege an "exponierten Tätigkeiten" etwa in der Landwirtschaft, zu denen sie gezwungen seien, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen . Friederike Otto, Attributionsforscherin Ein weiteres Ungleichgewicht der Klimakrise betrifft laut Palmeiro die wissenschaftlichen Studien selbst: "Klimamodelle sind für die Nordhalbkugel besser kalibriert. Zusammen mit dem Mangel an Beobachtungsdaten auf der Südhalbkugel erschwert dies die Präzision der Analysen und die Qualität der Prognosen für die Länder des Globalen Südens." Das sollte sich ändern. Was einmal mehr klar wird: Die bisherigen Anstrengungen, CO₂-Ausstoß zu verringern, sind unzureichend, um die Erderwärmung und die schlimmsten Folgen zu stoppen. Otto betont: "Entscheidungsträger müssen sich der Realität stellen, dass die anhaltende Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen Menschenleben kostet, wirtschaftliche Verluste in Milliardenhöhe verursacht und weltweit unumkehrbare Schäden für ganze Gemeinschaften mit sich bringt."