Datum30.12.2025 05:45
Quellewww.spiegel.de
TLDRDer Artikel thematisiert die andauernden globalen Konflikte, die auch zwischen den Feiertagen nicht zur Ruhe kommen. Insbesondere wird die Bedeutung der Silvesternacht 2015 am Kölner Hauptbahnhof für die deutsche Migrationspolitik thematisiert. Historikerin Maria Alexopoulou argumentiert, dass die Übergriffe nicht das Ende der Willkommenskultur, sondern einen Anlass zur Forderung restriktiver Maßnahmen boten. Der Artikel blickt außerdem auf verschiedene Silvestertraditionen und deren unterschiedliche Bedeutungen. Abschließend wird die aktuelle Situation in der Whiskey-Branche angesprochen.
InhaltDie Welt bleibt auch zwischen den Jahren ein Pulverfass. Wo steht Deutschland, zehn Jahre nach der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof? Und die Lieblingslisten der Lieblingslisten. Das ist die Lage am Dienstagmorgen. Heute geht es um die Welt als Schauplatz stetiger Konflikte, die selbst zwischen den Jahren nicht zur Ruhe kommt. Wir befassen uns mit der Frage, was Silvester mit der Migrationspolitik gemacht hat. Und wir blicken auf Lieblingslisten. Eigentlich macht die westliche Welt an Weihnachten einen Deal: Sie hält inne. Mindestens bis Neujahr. Menschen nehmen sich Urlaub. Behörden arbeiten im reduzierten Betrieb. Politiker und Politikerinnen verbreiten vorbereitete Neujahresgrüße. Selbst hartgesottenes Militär konnte sich einst der geheimnisvollen Kraft der Feiertage nicht entziehen. Lange her, aber etwas ungläubig liest man heute die Berichte vom Mini-Frieden im Ersten Weltkrieg. Als an vielen Stellen der Front die deutschen, britischen und französischen Soldaten aus ihren Schützengräben stiegen. Für wenige Stunden hielten sie inne, spielten Fußball, sangen Lieder. Statt Handgranaten warfen sie einen gut verpackten Schokoladenkuchen in die gegenüberliegenden Stellungen. "We not shoot, you not shoot!" Ein Szenario, das gerade in diesen Tagen absurd erscheint. Bereits vor den Feiertagen hat Russland den Vorschlag für einen Weihnachtswaffenstillstand im Angriffskrieg gegen die Ukraine abgelehnt. Ein Appell von Papst Leo XIV. hat da ebenso wenig genutzt wie ein Vorstoß von Bundeskanzler Friedrich Merz. Und so sind auch am Weihnachtfest – das viele Christen in Russland und der Ukraine nach orthodoxem Brauch erst am 7. Januar begehen – und in den Tagen darauf durch russische Drohnenangriffe Menschen getötet und verletzt worden. Die Ukraine hat Angriffe auf den russischen Energiesektor geflogen. Man könnte eine Liste dieser Tage endlos weiterführen: Saudi-Arabien hat Stellungen der Separatisten im Jemen bombardiert. China startet ein Großmanöver um Taiwan – als "ernste Warnung". Aber es sind nicht nur Militärschläge an der Front. Die USA haben gezeigt, dass auch sie in diesen Tagen nicht gewillt sind, einen kleinen Frieden in den großen Konflikten zu setzen. Zwar lobt Donald Trump seine angeblich sehr guten Friedensverhandlungen bei einem Treffen mit Wolodymyr Selenskyj (mehr hier ), verknüpft seine Weihnachtswünsche zuvor aber mit einem Angriff auf die "radikale Linke". Nur einen Tag vor Heiligabend verhängte das US-Außenministerium Sanktionen gegen eine deutsche NGO, einen früheren EU-Binnenmarktkommissar und weitere Europäer. Am Montagabend verkündete Trump, erstmals ein Ziel in Venezuela angegriffen zu haben. Wer dennoch zwischen diesen sogenannten Jahren einen Moment des Innehaltens findet, mag daran denken: Friede ist kein Geschenk des Kalenders, sondern eine Entscheidung. Jeden Tag neu. Oder gar nicht. Weihnachten ist vorbei, nun rückt der Jahreswechsel näher. Und die Frage, wie man den letzten Stunden des Jahres begegnet. Die einen gestalten diese Zeit mit Ritualen – mit den immer gleichen Freunden, Sekt, Raketen oder einer Ferienwohnung in Dänemark. Andere schenken dem Jahreswechsel demonstrativ keine Bedeutung, was fast auch schon ein Ritual ist. So weit, so harmlos. Doch es gibt auch eine dunkle Seite von Silvester: Menschen, die den Ausnahmezustand suchen. Vor zehn Jahren, in der Silvesternacht 2015, wurden am Kölner Hauptbahnhof Hunderte Frauen sexuell belästigt und beklaut. Es war ein Exzess. Ein Moment, der bis heute für Sexismus und Gewalt gegen Frauen steht (mehr hier ). War das auch ein Wendepunkt für die Migrationspolitik in Deutschland? Mein SPIEGEL-Kollege Lukas Eberle hat sich darüber mit der Historikerin Maria Alexopoulou unterhalten. Sie widerspricht der These, dass die Kölner Silvesternacht das Ende der Willkommenskultur war. "In Deutschland existierte schon lange zuvor beides parallel, Offenheit und Ablehnung gegenüber Geflüchteten", sagt Alexopoulou. "Die Silvesternacht hat denjenigen, die gegen die Willkommenskultur waren, eine Legitimation verschafft. Für sie waren die Übergriffe ein Beweis für einen Kontrollverlust im Land und ein Anlass, restriktivere Maßnahmen zu fordern." Wer an die Silvesternacht 2015 denkt, der sollte also nicht nur an Sexualstraftaten und Gewalt denken. Es wäre wünschenswert, sich gleichzeitig auch zu fragen, ob diese Nacht etwas mit dem Erstarken der AfD zu tun hat. Warum viele Jahre später eine Bemerkung über "Probleme im Stadtbild" wie ein hässlicher Code über Migration gelesen wird. Und, letztlich wird das oft vergessen, was dieser Abend auch in der migrantischen Community ausgelöst hat. Wenn Journalisten am Ende des Jahres nicht mehr weiterwissen, dann schreiben sie Listen und basteln daraus Artikel. Das war jetzt natürlich nur ein böser Scherz. Denn Leserinnen und Leser lieben Listen. Die Listen der Besten. Die Listen der Schlechtesten. Überraschende Listen. Todeslisten. Einkaufslisten. Listen to your heart. Listen geben einem das beruhigende Gefühl, Dinge zu ordnen. Zu sortieren. Meistens möchte man dem Leben eben ein paar Bullet Points abtrotzen. Daher möchte ich Ihnen jetzt meine Top-3-Liste von Listen-Artikeln präsentieren, die Sie heute lesen sollten. Selbstverständlich sind alle diese Texte von jeder Listen-Kritik ausdrücklich ausgenommen. Das war nämlich, Sie ahnen es schon: nur eine List. Noch mehr Rätsel wie Viererkette, Wordle und Paarsuche finden Sie bei SPIEGEL Games. …ist der Whiskey. In jeder Familie oder dem näheren Freundeskreis gibt es ja diesen einen Onkel oder Fußballkumpel, der sich plötzlich für Alkohol interessiert. Also so richtig, nicht bloß trinkt. Mit Jahreszahlen, Abfüllungen, Fässern, Anbaugebieten. Das ist am Ende vor allem teuer. Und es kostet das Umfeld viele Nerven. Was bei mir hängen blieb: Whiskey aus Japan soll irgendwie gut sein, aber vor allem Whiskey aus den USA gilt seit Jahren als Kult und Sammlerobjekt (Bitte schicken Sie mir diesbezüglich keine Anmerkungen zu Whiskey, es interessiert mich einfach nicht genug). Nun ist vielen Konsumenten der Durst allerdings vergangen (und da wird es für mich wieder interessant). Das berichtet jedenfalls meine Kollegin Ines Zöttl: Jim Beam will seine Destillerie in Kentucky für ein Jahr stilllegen. Brown-Forman, Eigner von Jack Daniel’s und Woodford Reserve, hat im Frühjahr seine Fassherstellung in Louisville geschlossen und angekündigt, zwölf Prozent der Belegschaft abzubauen. Noch stärker haben kleinere Betriebe zu kämpfen. In gewisser Weise ist die Branche Opfer ihres eigenen Erfolgs, schreibt Ines. Welche Rolle dabei Überproduktion und Trumps Handelskrieg hat, schlüsselt sie in ihrem Text auf. Cheers! Sport lässt die Muskeln wachsen. Aber nicht immer gleichmäßig. Sind Unwuchten ein Problem? Zwei Expertinnen erklären, wann Dysbalancen zum Risiko werden – und zeigen Übungen für Läufer, Radler und Fußballer . Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag. Ihr Jonas Leppin, Chef vom Dienst