Georg Gänswein spricht von russischer »Ohrfeige« für Papst Leo

Datum29.12.2025 19:04

Quellewww.spiegel.de

TLDRGeorg Gänswein, nun Apostolischer Nuntius im Baltikum, kritisiert die Ablehnung Russlands des Friedensvermittlungsangebots von Papst Leo XIV. an die Ukraine und Russland. Dies sei eine "Ohrfeige" für den Vatikan und erschwere Friedensverhandlungen. Gänswein weist darauf hin, dass die Sorgen der Baltischen Staaten bezüglich möglicher Aggressionen Russlands zunehmen, was historische Ängste weckt. Estland stärkt zur Verteidigung seine militärischen Kapazitäten durch die Anschaffung von Mehrfachraketenwerfersystemen aus Südkorea.

InhaltPapst Leo hat Ukrainern wie Russen angeboten, als Vermittler tätig zu werden. Der Kreml hat das abgelehnt. In seiner neuen Funktion als Päpstlicher Nuntius im Baltikum kritisiert Georg Gänswein das nun deutlich. Erzbischof Georg Gänswein arbeitet mittlerweile als päpstlicher Nuntius im Baltikum. In dieser Funktion hat er nun Russland scharf kritisiert. "Papst Leo XIV. hat kurz nach seiner Wahl Anfang Mai beiden Kriegsparteien das Angebot unterbreitet, als Friedensvermittler zu fungieren", sagte der frühere Vertraute von Papst Benedikt XVI. der Monatszeitschrift "Herder Korrespondenz". "Dieses Angebot wurde von ukrainischer Seite angenommen, von russischer Seite hingegen ausgeschlagen." Damit sei die Tür für Friedensverhandlungen unter vatikanischer Vermittlung zunächst einmal zugeschlagen gewesen. "Undiplomatisch ausgedrückt: eine Ohrfeige für Papst und Vatikan", so Gänswein. Eine Papst-Reise in die Ukraine erscheine vor diesem Hintergrund kaum realisierbar. Mittlerweile sei eine Waffenruhe offenbar in weite Ferne gerückt. "Es fehlt auf russischer Seite offensichtlich der ernsthafte Wille zum Frieden." Gänswein ist seit vergangenem Jahr Apostolischer Nuntius – also Botschafter des Vatikans – in Litauen, Estland und Lettland. Auf die Frage, was Christen im Baltikum derzeit am meisten beschäftige, antwortete er: "Das Gespräch mit den Christen, unabhängig von der Konfession, steuert sehr schnell auf ein Thema zu, das die Menschen hier umtreibt: Russland." Es gehe dann um die Frage, ob Russland die baltischen Staaten in absehbarer Zeit angreifen werde, ob ein Krieg bevorstehe und ob die europäischen Staaten und die Nato den baltischen Staaten dann beistehen würden. "Diese Fragen wecken schlimme Erinnerungen an die jahrzehntelange sowjetische Unterdrückung, die erst 1990 überwunden wurde", sagte Gänswein. Vor diesem Hintergrund will beispielsweise Estland seine Verteidigungsfähigkeit stärken und für fast 290 Millionen Euro sechs Mehrfachraketenwerfersysteme samt Munition von Südkorea erwerben. Das teilte das Estnische Zentrum für Verteidigungsinvestitionen vor wenigen Tagen in Tallinn mit. Die Auslieferung der selbstfahrenden Waffensysteme an das baltische EU- und Nato-Landes soll in der zweiten Jahreshälfte 2027 beginnen. "Da Mehrfachraketenwerfer aus militärischer Sicht von unschätzbarem Wert sind, freue ich mich sehr, dass wir neben den US-amerikanischen HIMARS-Systemen nun auch die südkoreanischen Chunmoo-Systeme erwerben werden. Dies stärkt erheblich die Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit sowohl Estlands als auch der Nato", sagte Verteidigungsminister Hanno Pevkur.