Datum29.12.2025 14:03
Quellewww.spiegel.de
TLDRDer Demokratieaktivist Alaa Abd El Fattah, kürzlich aus ägyptischer Haft entlassen, steht in Großbritannien wegen antisemitischer und gewaltverherrlichender Posts in der Kritik. Er entschuldigte sich für einige Äußerungen, bezeichnete andere als aus dem Kontext gerissen. Seine Vergangenheit wird von britischen Politikern, einschließlich konservativer Führer, genutzt, um seine Integrität anzugreifen und mögliche Konsequenzen zu fordern. Abd El Fattah, eine Schlüsselfigur der ägyptischen Revolution 2011, besitzt die britische Staatsbürgerschaft.
InhaltFür seinen Aktivismus musste Alaa Abd El Fattah in Ägypten jahrelang ins Gefängnis. Nun ist er frei und lebt in Großbritannien – wo es zuletzt heftige Kritik an seinen früheren Onlineposts gab. Der 44-Jährige räumt Fehler ein. Der britisch-ägyptische Demokratieaktivist Alaa Abd El Fattah steht wegen früherer hetzerischer Beiträge in Onlinemedien in Großbritannien in der Kritik. Nun hat Abd El Fattah für einige der Posts um Entschuldigung gebeten. Andere hingegen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, zitierte die Nachrichtenagentur PA aus einer Mitteilung des Aktivisten. Abd El Fattah war im September nach jahrelanger Gefangenschaft in Ägypten begnadigt und freigelassen worden und erst vor wenigen Tagen in London angekommen. Dort hatten verschiedene Medien zuletzt über verschiedene Twitterbeiträge Abd El Fattahs zwischen 2008 und 2014 berichtet, in denen der Aktivist Gewalt gegen "Zionisten" und die Polizei befürwortet haben sollen. Der Nachrichtenagentur Reuters liegen einige der Posts vor. "Wenn ich mir jetzt die Tweets anschaue – diejenigen, die nicht völlig aus ihrem Zusammenhang gerissen wurden –, verstehe ich, wie schockierend und verletzend sie sind, und dafür entschuldige ich mich unmissverständlich", sagte Abd El Fattah laut einer Stellungnahme. Es habe sich "größtenteils um Ausdrucksformen der Wut und Frustration eines jungen Mannes in einer Zeit regionaler Krisen – den Kriegen im Irak, im Libanon und im Gazastreifen – und zunehmender Polizeigewalt gegen ägyptische Jugendliche" gehandelt. Zugleich zeigte sich der Aktivist bestürzt, dass mehrere seiner "historischen Tweets" erneut veröffentlicht und dazu benutzt würden, seine Integrität und seine Werte infrage zu stellen und anzugreifen. Abd El Fattah zählte zu den Führungsfiguren der Revolution von 2011 in Ägypten, die Langzeitherrscher Hosni Mubarak zu Fall brachte. 2013 wurde er beim Protest gegen ein verschärftes Demonstrationsgesetz festgenommen und saß seitdem fast durchgehend im Gefängnis. Seine Familie bezeichnete die Vorwürfe der Verbreitung von Falschnachrichten als politisch motiviert. Abd El Fattahs Mutter ist in Großbritannien geboren, die britische Staatsbürgerschaft hatte der Aktivist bereits 2021 unter der damaligen konservativen britischen Regierung erhalten. Mitglieder der Tories und noch weiter rechts stehende Oppositionelle hatten zuletzt Konsequenzen gegen Abd El Fattah gefordert. Der innenpolitische Sprecher der Konservativen Partei, Chris Philp, bezeichnete Abd El Fattah etwa in einem Interview des Radiosenders BBC 4 als "widerwärtigen Drecksack" und forderte die Labour-Regierung auf, ihm die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Philp forderte zudem, Abd El Fattah solle nach Ägypten abgeschoben werden – dabei hatte der die britische Staatsbürgerschaft bereits 2021 von einer konservativen Regierung erhalten, die sich auch für seine Freilassung in Ägypten eingesetzt hatte. Abd El Fattahs Mutter wurde in Großbritannien geboren. Nigel Farage, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei Reform UK, bezeichnete die Beiträge als "abscheulich". Sie zeigten, dass Abd El Fattah Ansichten vertrete, die "völlig im Widerspruch zu unserer britischen Lebensweise" stünden, so Farage. Abd hätte laut Farage nicht ins Land gelassen werden dürfen. In einer Regierungsmitteilung hieß es zunächst nur, man verurteile die "historischen Tweets" von Abd El Fattah und betrachte sie als verabscheuungswürdig. Für Premier Keir Starmer ist die Personalie heikel. Noch am zweiten Weihnachtsfeiertag hatte sich Premierminister Keir Starmer in einer Mitteilung auf X "hocherfreut" gezeigt über Abd El Fattahs Ankunft in Großbritannien und dessen Freilassung als Priorität seiner Regierung bezeichnet.