Datum14.10.2025 17:45
Quellewww.spiegel.de
TLDRRené Benko ist in einen Prozess wegen Insolvenzbetrugs verwickelt und plädiert auf "nicht schuldig". Seine Immobilienfirma, Signa, ist mit Schulden von 2,7 Milliarden Euro pleitegegangen. Bei der Pflegegrade 1 plant die Regierung Reformen, um die Finanzen der gesetzlichen Pflegeversicherung zu stabilisieren. Gleichzeitig wurde die Leiche des vermissten achtjährigen Fabian in Güstrow gefunden, und die Ermittler gehen von einem Fremdverschulden aus. Der Fall hat landesweit Entsetzen ausgelöst.
InhaltDer gefallene Immobilieninvestor Benko plädiert in seinem ersten Prozess auf "nicht schuldig". Die Regierung doktert an der Pflegestufe 1 herum. Und der vermisste Fabian ist wohl tot. Das ist die Lage am Dienstagabend. Die drei Fragezeichen heute: Seit neun Monaten sitzt René Benko in Untersuchungshaft. Die Pleite seiner Immobilienfirma Signa ist die größte in der Geschichte Österreichs. Heute hat der erste Prozess gegen ihn begonnen. Benko, 48, hat laut Staatsanwaltschaft bei seiner Insolvenz als Einzelunternehmer seine Gläubiger geschädigt. Im aktuellen Prozess geht es nur um zwei Vorwürfe, aber er gilt als Auftakt für eine Reihe weiterer Prozesse, die sich wohl über Jahre ziehen werden. Jetzt wird ihm zur Last gelegt, er habe kurz vor der Pleite die Miete und Betriebskosten für eines seiner Anwesen in Höhe von 360.000 Euro für vier Jahre im Voraus gezahlt, um so sein Vermögen zu schmälern. Außerdem habe er 300.000 Euro an seine Mutter überwiesen. Den Verdacht nennt man in Österreich "betrügerische Krida". Die beiden Summen sind Peanuts im Vergleich zu den Summen, mit denen Benko sonst so hantiert hat. Allein die Forderungen der Gläubiger gegen Benko summieren sich auf 2,7 Milliarden Euro, rund 45 Millionen Euro hat der Insolvenzverwalter bislang anerkannt. Der bisher ermittelte Gesamtschaden beläuft sich auf 300 Millionen Euro, so die Staatsanwaltschaft. Seit Jahren steht der unvollendete Stummel des Elbtowers in Hamburg wie ein Mahnmal für Hybris vor den Toren der Stadt. Der Prozess ist nur auf zwei Tage angesetzt. Benko ließ seinen Anwalt auf "nicht schuldig" plädieren. Der Investor habe im Herbst 2023 "bis zur körperlichen Selbstaufgabe" alles getan, um die Pleite abzuwenden. Morgen soll das Urteil fallen. Als Friedrich Merz kürzlich in der Talkshow von Caren Miosga zur Diskussion um die Abschaffung des Pflegegrades 1 gefragt wurde, antwortete er barsch und kategorisch: "Den Vorschlag gibt es nicht." Mag sein, dass "in den Medien" darüber geschrieben werde, so Merz. Aber: "Von der Regierung haben Sie dazu nichts gehört." Ein Bluff. Klar, die Regierung selbst lässt dazu erstmal nichts verlauten, wohl aber eine von ihr eingesetzte Kommission. Und dort gibt es den Vorschlag sehr wohl. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Zukunftspakt Pflege" schlägt vor, die Leistungen im Pflegegrad 1 grundlegend zu reformieren, wie mein Kollege Matthias Kaufmann berichtet. Der bisher monatliche Entlastungsbetrag von 131 Euro soll ganz oder teilweise "umgewidmet" werden – man kann auch sagen: in dieser Form abgeschafft. Stattdessen soll damit eine frühzeitige pflegerische und präventionsorientierte Begleitung finanziert werden. Außerdem diskutiert die Arbeitsgruppe, die Pflegeleistungen an Lohn- oder Inflationsentwicklung zu koppeln und eine verpflichtende private Zusatzversicherung einzuführen. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) fordert eine umfassende Reform und Effizienzprüfung aller Leistungen. Denn in der gesetzlichen Pflegeversicherung fehlen für das Jahr 2026 rund zwei Milliarden Euro. Das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat berechnet, dass das Einsparvolumen bei rund 1,8 Milliarden Euro pro Jahr liegt, sollte man die Pflegestufe 1 in ihrer jetzigen Form abschaffen. Das nennt man wohl ein Match. Ein Match mit Folgen: Rund 863.000 Menschen sind im Pflegegrad 1 eingestuft. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch lehnt eine Abschaffung der Pflegestufe 1 kategorisch. Aber auch ihm wird sicher eine Formulierung einfallen, wie er die "Umwidmung" verkaufen kann. Für Eltern ist Ungewissheit über das Schicksal der eigenen Kinder schlimm. Schlimmer ist wohl nur, vom Tod des eigenen Kindes zu erfahren. Heute fand die Polizei in der Nähe Güstrows in einem Waldstück eine Kinderleiche. Offenbar handelt es sich nach bisheriger Kenntnis um den seit Tagen vermissten Fabian. Allein am Montag waren 200 Kräfte im Einsatz, um ihn zu finden. Jetzt soll eine rechtsmedizinische Untersuchung die Identität des Kindes klären. Die Ermittler gehen von einer Straftat aus. "Nach derzeitigem Ermittlungsstand ist von einem Fremdverschulden auszugehen", teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit. Am Donnerstag vergangener Woche verließ der achtjährige Fabian aus Güstrow etwas früher die Schule, weil es ihm nicht gut ging. Am Freitag blieb er deswegen zu Hause, nach Kenntnis der Polizei, allein. Die Mutter arbeitete. Mit ihr war besprochen, dass er zwischendurch kurz raus durfte, eine Rückkehr war fest vereinbart. Doch Fabian kam nicht zurück. Die Mutter versuchte zunächst selbst, den Jungen zu finden. Gegen 20.30 Uhr meldete sie ihn schließlich als vermisst. Nach dem Verschwinden hängten Privatleute Suchplakate in Güstrow auf, die Mutter wandte sich in einem Video an ihren Sohn. "Mama möchte nur, dass Du nach Hause kommst", sagte sie in der auf Facebook geteilten Aufnahme. Sie wird laut Polizei und Staatsanwaltschaft nun durch speziell geschultes medizinisches Personal betreut. Der Vater wurde nach Aussage eines Polizeisprechers zunächst nicht angetroffen. Wie der Junge in den Wald kam, warum er sein Handy nicht dabeihatte, welches Motiv der möglichen Straftat zugrunde liegt, ist bislang ungeklärt. Die Polizei ermittelt: "Wir stehen ganz am Anfang." Patrick Stritzki ist Trainer des Moorburger TSV und spielt auch selbst. Der Auftritt seines Vereins in der Hamburger Kreisklasse gegen den SVS Mesopotamien II am Sonntag geriet zum Fiasko. Mit 0:66 ging das Team unter. Mein Kollege Sebastian Stoll hat mit Stritzki telefoniert und ihn gefragt, wie so was möglich ist. Schon die erste Antwort ist pures Gold: "Dass man zu wenige Leute auf dem Feld hat, ist sehr hilfreich." Je länger das Gespräch dauert, desto sympathischer wird einem Stritzki. Er hakt nicht auf seiner Mannschaft rum, sondern betont das Positive: "Unser Torwart hat super gehalten. Ohne den hätte es dreistellig werden können." That´s the spirit. Kingfluencerin: Unter dem Namen "King Kylie" sorgt die Influencerin Kylie Jenner, 28, für Diskussionen. Singend bewirbt sie ihre neuen Lippenpflegeprodukte und posiert in Handschellen. Der Werbeclip ist gleichzeitig das Musikvideo des Songs "Fourth Strike", eine Fortsetzung zu "3 Strikes", das im Clip vor zehn Jahren zu hören war. In der Vergangenheit kursierte das Gerücht, Jenner selbst sei in dem Song zu hören. Nun stellt Jenner klar: "Ich war es nicht (ich wünschte, ich wäre es gewesen), also hatte ich die Idee, sich für ›Fourth Strikes‹ zusammenzutun, und diesmal bin ich tatsächlich dabei!" Von der Website des Ersatzteilversands Pavoni-Hamburg: "Diese Original-Dichtung passt erst nicht – denkt man. Aber das ist falsch. Diese Dichtung wird in die vorhandene Nut reingequatscht, bis sie passt." Hier finden Sie den ganzen Hohlspiegel. Könnten Sie sich im Social-Media-Kanal Ihres Vertrauens die lustigen Werbespots der Deutschen Bahn ansehen, in denen das Unternehmen mithilfe von Schauspielerin Anke Engelke seine eigene Unzulänglichkeit auf die Schippe nimmt. Es sind – für Reklameclips unüblich – im Netflix-Stil produzierte Miniaturen im Serienformat. Mein Kollege Arno Frank hat mit Engelke über ihre Motivation gesprochen, ins Innere von Deutschlands dysfunktionalsten Konzern einzutauchen (lesen Sie hier das Interview ): "Ich bekam von Mal zu Mal mehr Respekt: Die kriegen täglich auf die Mütze, nicht nur von Betroffenen, vom gesamten Land, und kommen trotzdem jeden Tag zur Arbeit!" Ich komme morgen auch wieder zur Arbeit und wünsche Ihnen einen schönen Abend. Herzlich Ihr Janko Tietz, Leiter Nachrichtenressort