Sozialpolitik: SPD-Mitgliederbegehren zum Bürgergeld kommt voraussichtlich zu spät

Datum28.12.2025 14:24

Quellewww.zeit.de

TLDRDas SPD-Mitgliederbegehren zur Bürgergeldreform kommt voraussichtlich zu spät, da das Gesetz bereits im Bundestag beschlossen werden soll, bevor der parteiinterne Prozess abgeschlossen ist. Kritiker innerhalb der SPD wollen die geplanten Verschärfungen, insbesondere Komplettsanktionen für Nicht-Kooperation mit Jobcentern, stoppen. Das Mitgliederbegehren, das ab dem 23. Dezember startet, benötigt mindestens 20 Prozent Zustimmung der Parteimitglieder, ist jedoch nicht bindend und könnte symbolisch bleiben, wenn das Gesetz vorher verabschiedet wird.

InhaltSPD-Mitglieder wollen Verschärfungen bei Sozialleistungen verhindern. Doch bis der parteiinterne Prozess ein Ergebnis liefert, dürfte das Gesetz bereits beschlossen sein. Bis das SPD-Mitgliederehren gegen Verschärfungen beim Bürgergeld ein Ergebnis hat, dürfte das Gesetz, gegen das sich der Entscheid richtet, bereits beschlossen worden sein. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus SPD-Kreisen erfahren hat, dürfte das Mitgliederbegehren, dessen offizieller Start auf den 23. Dezember datiert worden sein soll, bis zu drei Monate dauern – also fast bis Ende März. Die Bild am Sonntag berichtete, die schwarz-rote Koalition wolle die Bürgergeldreform schon Anfang März im Bundestag beschließen, also mehrere Wochen vor dem voraussichtlichen Abschluss des SPD-Entscheids. Das Bundeskabinett hatte die Reform bereits vor Weihnachten beschlossen.  Mit dem Begehren wollen Kritikerinnen und Kritiker in den Reihen der SPD die Bürgergeldreform stoppen. Vor allem stören sie sich an den geplanten Komplettsanktionen, also einem Wegfall aller Leistungen für Menschen, die nicht ausreichend mit dem Jobcenter kooperieren. Für den innerparteilichen Protest gegen die Verschärfungen hatte der Parteivorstand nach SPD-Angaben Ende November eine Onlineplattform bereitgestellt, um Unterschriften gegen die Reform zu sammeln. Ein sogenanntes Quorum der ersten Stufe wurde bereits am 19. Dezember erfüllt. Dafür musste die Initiative mehr als ein Prozent der Parteimitglieder hinter sich versammeln, was etwa 3.500 Unterschriften entspricht.  Das Begehren gilt nur dann als zustande gekommen, wenn mindestens 20 Prozent der Mitglieder zustimmen. Für die Parteiführung ist es jedoch nicht bindend: Ob die Forderungen umgesetzt werden, entscheidet der Parteivorstand. Damit haben sie ohnehin geringe Chancen. Falls das Ergebnis den Vorstand aber erst nach einer Bundestagsabstimmung mit Mehrheit für die Reform erreicht, dürfte das Begehren endgültig symbolisch gewesen sein. Das ruft schon jetzt Kritik unter den Initiatoren des innerparteilichen Protests hervor. So sagte die Thüringer Juso-Chefin und Erstunterzeichnerin Sophie Ringhand der Bild am Sonntag: "Es wäre im Sinne der Parteikultur angemessen, Rücksicht auf die Stimmen in der Partei zu nehmen." Zugleich räumte sie ein, dass die Bundestagsfraktion dazu nicht verpflichtet sei: "Der Zeitplan ist unglücklich, aber nicht zu ändern."  Kämpferischer gab sich der ehemalige Thüringer Landtagsabgeordnete und Mitinitiator Denny Möller: "Ich erwarte von der SPD-Spitze, dass sie das Mitgliederbegehren ernst nimmt", sagte er der Bild am Sonntag. "Das parlamentarische Verfahren darf nicht abgeschlossen werden, bevor das Mitgliederbegehren beendet und ausgewertet ist."  Mit der Reform, die SPD-Chefin Bärbel Bas als Bundesarbeitsministerin nach den Vorgaben der Koalition entworfen hatte, soll der Name "Bürgergeld" gestrichen werden. Für die Grundsicherung sollen dann strengere Kriterien als bisher gelten. Die Jobcenter sollen der Vermittlung in Arbeit Vorrang geben. Inwieweit sich das auf die Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter ausweiten soll, war bis zuletzt innerhalb der Regierungsparteien umstritten. Laut der Einigung soll der komplette Wegfall der Unterstützung möglich werden, wenn Empfängerinnen und Empfänger als nicht erreichbar gelten. So sollen die Jobcenter bei drei versäumten Einladungen zu Terminen die Überweisungen einstellen können. Psychisch Kranke sollen jedoch vor einem Wegfall der Leistungen geschützt werden. Die Reform dürfte nicht nur linke SPD-Mitglieder, sondern auch Teile der Union und ihrer Wählerschaft enttäuschen. So hatte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) im Wahlkampf Milliardeneinsparungen durch eine solche Reform versprochen. Insgesamt dürften die Einsparungen im kommenden jedoch bei lediglich 86 Millionen Euro liegen. Kritikerinnen und Kritiker der Unionsforderungen hatten bereits im Wahlkampf bemängelt, die Versprechen hoher Einsparungen seien weit übertrieben.