Datum27.12.2025 14:49
Quellewww.spiegel.de
TLDRÄrztepräsident Klaus Reinhardt fordert ein bundesweites Feuerwerksverbot an Silvester zum Schutz der Bevölkerung, da unregulierte Knallerei zu Verletzungen, Angst und Umweltproblemen führt. Bereits viele Städte, wie Münster, Trier und Berlin, haben Böllerverbote in bestimmten Zonen erlassen, etwa in der Nähe von Krankenhäusern und historischen Gebäuden. Diese Maßnahmen sollen sowohl Verletzungen verhindern als auch die Polizei und Rettungskräfte schützen. Verstöße gegen die Verbote können hohe Bußgelder nach sich ziehen.
InhaltÄrztepräsident Reinhardt fordert zum Schutz der Bevölkerung ein bundesweites Feuerwerksverbot. Mehrere Orte haben bereits knall-freie Zonen ausgewiesen, darunter Sylt, Münster und Trier. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat eindringlich zu Böllerverboten an Silvester aufgerufen: Die Innenminister von Bund und Ländern müssten "endlich handeln und die Bevölkerung vor den Gefahren der Knallerei schützen", sagte der Mediziner Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Die ungeregelte Knallerei führt immer wieder zu schweren Verletzungen auch bei Unbeteiligten, sie ängstigt viele Menschen, ist schlecht für das Klima und verursacht enormen Müll." "Niemand hat etwas gegen organisierte Feuerwerke an zentralen Plätzen, doch die wilde Böllerei muss untersagt werden", forderte Reinhardt. "Das hat nichts mit Verbotskultur zu tun, sondern zeugt von der Einsicht einer reifen Gesellschaft, etwas Gefährliches zu lassen." Jedes Jahr erlitten zahlreiche Menschen Verletzungen durch explodierende Feuerwerkskörper, sagte Reinhardt und führte aus: Kinder und Jugendliche seien häufig von Knalltraumata betroffen. Hinzu kämen Augenverletzungen und Verbrennungen. "Das sorgt für volle Notaufnahmen in den Kliniken und kostet die gesetzliche Krankenversicherung Millionen." Zudem würden Knallkörper immer wieder als Waffen gegen Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte eingesetzt. Darüber hinaus sei es unangebracht, das neue Jahr mit Raketen zu begrüßen, während hierzulande mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge lebten, etwa aus der Ukraine oder Syrien. "Viele von ihnen haben in ihrer Heimat Bomben und Granaten erleben müssen. Da löst die Silvesterknallerei nicht selten sogar Todesängste aus", mahnte Reinhardt. Ein bundesweites Böllerverbot steht noch aus, dennoch gibt es grundsätzliche Regeln. So ist das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände in der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen sowie Reet- und Fachwerkhäusern verboten. Zahlreiche Städte haben sich darüber hinaus für Einschränkungen entschieden. Bei Verstößen drohen mancherorts Bußgelder von mehreren Tausend Euro. Eine Auswahl: Die Bundeshauptstadt hat gleich mehrere Böllerverbotsbereiche benannt. Sie befinden sich am Alexanderplatz, im Bereich des Steinmetzkiezes in Schöneberg und auf einem Teil der Sonnenallee sowie angrenzender Nebenstraßen. Das Verbot gilt vom Silvesterabend um 18 Uhr bis Neujahr um 6 Uhr. Innerhalb des Veranstaltungsbereiches der Silvesterfeier am Brandenburger Tor haben die Veranstalter Böller und Pyrotechnik untersagt. In den Verbotszonen sind lediglich Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk erlaubt, also pyrotechnische Gegenstände der Kategorie F1. Auf Sylt, der größten nordfriesischen Insel, sowie in der Gemeinde St. Peter-Ording ist privates Feuerwerk zum Schutz von Reethäusern und Natur vollständig untersagt. Bei Verstößen gegen Abbrennverbote drohen laut Kreis Geldbußen bis zu 50.000 Euro. In Bremen ist die historische Uferpromenade an der Weser mit ihren vielen Lokalen schon mehrfach Schauplatz gefährlicher Situationen durch Feuerwerk und große Menschenansammlungen geworden. Daher werde es auch in dieser Silvesternacht an der Schlachte ein Böller- und Raketenverbot geben, teilte eine Sprecherin des Innenressorts mit. Verstöße gegen die Polizeiverordnung könnten mit einem Bußgeld von bis zu 5000 Euro geahndet werden. Auch 150 Meter rund um das Bremer Rathaus dürfe kein Feuerwerk gezündet werden, da das Gebäude Unesco-Welterbe ist. Die gleiche Regelung gelte für das Schnoorviertel mit seinen Fachwerkhäusern in der Altstadt. Auch auf dem Hauptbahnhof in Bremen sei in der Silvesternacht kein Feuerwerk erlaubt. Die niedersächsische Landeshauptstadt hat eine Böllerverbotszone ausgewiesen. Diese erstreckt sich vom Opernplatz über Kröpcke bis hin zum Steintor. Sie umfasst ebenso die Karmarschstraße bis zum Platz der Weltausstellung sowie die Bahnhofstraße, den Ernst-August-Platz und den Bereich des Raschplatzes hinter dem Bahnhof. Auch auf dem Hauptbahnhof gilt ein Mitführ- und Abbrennverbot von Feuerwerkskörpern für die Silvesternacht, genaugenommen vom 31. Dezember, 20 Uhr, bis zum 1. Januar, 3 Uhr, so Stadtsprecher Dennis Dix. Unter das Verbot fallen Feuerwerksprodukte der Kategorien F2, F3 und F4 sowie sonstige pyrotechnische Gegenstände im Sinne des Sprengstoffgesetzes. Polizei und städtischer Ordnungsdienst würden die Einhaltung der Regeln kontrollieren, hieß es weiter. Wer dagegen verstößt, müsse mit einer Geldbuße rechnen. In der Regel seien es 200 Euro, im Einzelfall könne es teurer werden. Das bundesweit gültige Sprengstoffgesetz erlaube Geldbußen von bis zu 50.000 Euro. Braunschweig verhängt ein Böllerverbot in den sogenannten Bohlweg-Kolonnaden im Zentrum. Dort befindet sich zudem eine Straßenbahnhaltestelle. Das Mitführen von Glasbehältnissen sei dort ebenfalls nicht gestattet, teilte Stadt-Sprecher Rainer Keunecke mit. Es werde Kontrollen geben. Verstöße gegen das Sprengstoffrecht könnten mit bis zu 1000 Euro geahndet werden. Auch in unmittelbarer Nähe von besonders brandempfindlichen Gebäuden dürfe kein Feuerwerk gezündet werden. Dies betreffe einerseits Stadtbereiche mit Fachwerkhäusern in engen oder besonders gefährdeten Lagen, aber auch in den dazugehörigen Orten, so der Sprecher. In der gesamten Innenstadt von Göttingen gilt ein Verbot für Feuerwerkskörper der Kategorie F2, wie Stadt-Sprecher Dominik Kimyon mitteilte. Innerhalb der Wallanlagen und auf dem Wall einschließlich des Albani-Parkplatzes dürfe Silvester und Neujahr kein Feuerwerk gezündet werden. Für die restlichen Tage im Jahr sei das Abfeuern dieser Produkte ohnehin grundsätzlich verboten. Wer gegen das Böllerverbot verstößt, muss laut Sprecher mit einem Bußgeld rechnen. Stadt und Polizeiinspektion werden demnach gemeinsam Kontrollen durchführen. Bereits am frühen Silvesterabend würden Streifenteams der Polizei in der Innenstadt unterwegs sein, bei Verstößen Verwarnungsgelder festsetzen sowie Böller beschlagnahmen. Ziel der Streifen sei es vor allem, zu informieren und dadurch präventiv zu wirken. An Silvester und Neujahr besteht in Lüneburg ein Feuerwerksverbot für die gesamte historische Innenstadt, das Naturschutzgebiet Kalkberg und den Bereich rund um das Kloster Lüne, wie Vera Reinicke, Sprecherin der Stadt Lüneburg, mitteilte. Die Einhaltung des Verbots werde von Mitarbeitenden der Hansestadt und der Polizei kontrolliert. Am Kalkberg unterstütze dabei eine private Sicherheitsfirma. Ziel der Kontrollen sei es, in erster Linie zu informieren und auf die Gefahren hinzuweisen. Bei Missachtung drohe eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro. Außerdem könnten Personen des Platzes verwiesen werden, so Reinicke weiter. Das Mitführen und Abbrennen von Feuerwerk sind am 31. Dezember und 1. Januar in der historischen Innenstadt von Aachen untersagt. Betroffen sind der Bereich innerhalb des Grabenrings und der Theaterplatz. Hintergrund ist laut Stadt ein verheerender Brand in der Nikolauskirche im Jahr 2010. Damals löste eine Silvesterrakete ein Feuer aus, bei dem das Gebäude und der historische Hochaltar der Kirche beschädigt wurden. Köln setzt auf eine große Zone in der Innenstadt, in der nicht geböllert werden darf. Es gehe darum, die Belastung der Anwohner durch Lärm und Müll gering zu halten – vor allem aber auch um den Schutz von Polizisten und Rettungskräften, teilte die Stadt mit. Das Verbot gilt für den kompletten Silvestertag und den 1. Januar. Raketen und anderes Feuerwerk, "bei denen es vor allem um die Sichtbarkeit geht", sind laut Stadt nicht betroffen. Düsseldorf macht die Altstadt und Teile des Rheinufers bis zur Rheinkniebrücke zur böllerfreien Zone. In den vergangenen Jahren habe es durch diese Maßnahme schon deutlich weniger Verletzte gegeben als sonst, teilte die Stadt mit. Auch Angriffe mit Feuerwerk auf Einsatzkräfte gebe es weniger. In Duisburg konzentriert sich die Verbotszone an Silvester und Neujahr auf den Bereich rund um den Zoo. "Alle Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert, sich an diese Regelung zu halten und auch den Tieren des Zoos einen friedlichen Jahreswechsel zu ermöglichen", heißt es von der Stadt. In Bochum wird am Silvesterabend ab 20 Uhr bis 4 Uhr am Neujahrsmorgen eine Sperrzone in Teilen der Innenstadt eingerichtet. Das Feuerwerksverbot betrifft die Brüderstraße und Teile der Straße Kerkwege, Kortum- sowie Kreuzstraße. Mitgebrachtes Feuerwerk muss in einem Container entsorgt werden, um die Sperrzone betreten zu können. Für die beiden zentralen Bereiche der Münsteraner Innenstadt – den Domplatz und den Prinzipalmarkt – wird es eine Feuerwerksverbotszone geben. Die Stadt begründet das einerseits mit der empfindlichen Bausubstanz der historischen Fassaden, andererseits mit dem erwarteten großen Besucherandrang auf engem Raum. Abgesehen davon, dass in der Nähe von Kirchen, Krankenhäusern oder Altenheimen das Zünden von Feuerwerk grundsätzlich nicht erlaubt ist, verbietet Bielefeld die Pyrotechnik auch auf einer Partymeile am Hauptbahnhof. Ein Böllerverbot gilt außerdem rund um die Sparrenburg. In Frankfurt ist in der Silvesternacht das Abbrennen von Feuerwerk auf dem Eisernen Steg sowie auf der Zeil untersagt. Nach Angaben der Stadt sollen damit dicht gedrängte Menschen vor Verletzungen durch Feuerwerkskörper geschützt und die Einsätze der Polizei reduziert werden. Für den Eisernen Steg gilt das Verbot vom Silvestertag an ab 20 Uhr bis um 3 Uhr morgens an Neujahr. In diesem Zeitraum dürfen dort keine pyrotechnischen Gegenstände wie bengalische Fackeln oder Feuerfontänen mitgeführt oder gezündet werden. Zudem sind größere Taschen und Behältnisse über drei Liter Fassungsvermögen verboten. Die Brücke soll beidseitig kontrolliert werden. Wiesbaden richtet in der Innenstadt eine Sicherheitszone ein, die am Silvesterabend ab 21 Uhr bis zum frühen Neujahrsmorgen um 3 Uhr gilt. Dann ist Feuerwerk rund um das Bowling Green an Kurhaus und Staatstheater verboten. Wie die Stadt mitteilte, dürfen Feierlustige in dieser Zone auch keine größeren Rucksäcke oder Taschen dabeihaben. Die Stadt- und Landespolizei werde dort eine "umfangreiche Präsenz" zeigen, hieß es. Die Kommune Alsfeld im Vogelsbergkreis ist für seine historische Altstadt bekannt, die ihr den Titel "Europäische Modellstadt für Denkmalschutz" einbrachte. Das einmalige Ensemble aus Fachwerkhäusern und anderen jahrhundertealten Gebäuden wird von der Stadtverwaltung besonders geschützt – auch vor Böllern und Raketen zum Jahreswechsel. Das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ist im Altstadtkern daher verboten. Verbotszonen für Feuerwerk zum Jahreswechsel gibt es auch in mindestens 29 bayerischen Städten mit mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Das geht aus einer Umfrage des Bund Naturschutz (BN) unter den größten Städten im Freistaat hervor. Verbote gelten etwa innerhalb des mittleren Rings in München, in den Innenstädten von Nürnberg, Augsburg und Ingolstadt, in Teilen der Bamberger Altstadt, in der Fußgängerzone von Hof und in vielen Straßen und auf Plätzen in Würzburg. Die Stadt Trier verhängt zum Jahreswechsel ein Böllerverbot für den Bereich Hauptmarkt. "Als Stadt können wir sagen, dass sich das Böllerverbot am Hauptmarkt auf jeden Fall bewährt hat", so ein Sprecher der Stadt. Die Stadt Speyer hat eine Allgemeinverfügung erlassen, mit der sie das Böllern an mehreren Orten untersagt. Betroffen davon sei der Bereich des Altpörtels und der Straßenzug Maximilianstraße bis zur Alten Münze. "Dort, wo das Zünden von Feuerwerkskörpern erlaubt ist, ist besondere Vorsicht geboten", sagte Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD). "Die Rettungskräfte und Notaufnahmen sind über den Jahreswechsel besonders stark gefordert, und die medizinische Hilfe für andere Fälle kann dadurch verzögert werden."