Magnus Carlsen bei Schach-WM: Alle schauen auf seine Hose

Datum27.12.2025 13:39

Quellewww.spiegel.de

TLDRMagnus Carlsen sorgte bei der Schnellschach-WM 2024 für Aufsehen, indem er eine nicht erlaubte beige Chino-Hose trug, was nach einem Vorfall im Vorjahr erneut zu Spannungen mit dem Schachweltverband Fide führte. Die Fide hatte ihren Dresscode geändert, um Carlsen in ihren Turnieren zu halten. Trotz seiner kritischen Beziehung zur Fide spielt Carlsen wegen seiner Verbundenheit zu Norwegen bei der WM. Er führte nach dem ersten Turniertag die Tabelle an, während das neue WM-Format Total Chess World Championship Tour diskutiert wird.

InhaltSeine Jeans ging in die Schachgeschichte ein: Superstar Magnus Carlsen löste bei der Schnellschach-WM 2024 einen Eklat aus. Nun ist er zurück. Und der Schiedsrichter drückt direkt ein Auge zu. Was war das für ein Drama: Magnus Carlsen, der beste Spieler der Welt, trug bei der WM im Schnellschach eine Jeans. Damit beging er einen Verstoß gegen den offiziellen Dresscode des Weltverbands Fide. Der Schiedsrichter ermahnte Carlsen und der eigensinnige Norweger reagierte völlig genervt. "Fuck you", schleuderte er der Fide entgegen und verließ das Turnier. Jeansgate ging in die Schachgeschichte ein  . Nun, ein Jahr später, sitzt Carlsen wieder am Brett der Schnellschach-WM in Katar. Und alle schauen auf seine Hose. Na klar. Der Weltverband will den prominentesten Schachspieler der Welt unbedingt bei seinen Turnieren dabeihaben. Also hat die Fide den Dresscode  extra geändert. Dort heißt es nun, erlaubt seien "dunkle Business-Casual-Hosen, einschließlich klassischer Jeans" in blau, schwarz oder grau. Wie kam Carlsen also am Freitag und Samstag ans Brett? In einer beigen Chino-Hose. Als wolle er den Verband mit Absicht provozieren. Erlaubt ist die helle Hose dem Dresscode zufolge nicht. Aber die Fide hat ihre Schiedsrichter in diesem Jahr offensichtlich darauf eingestellt, keinen neuen Hosenstreit zu führen. "Meiner Meinung nach sind das normale Hosen. Er sieht absolut gut aus. Glücklicherweise sind die Regeln etwas flexibler als in den Vorjahren, und darüber freuen wir uns", sagte WM-Hauptschiedsrichter Nebosja Baralic dem norwegischen TV-Sender NRK . Will heißen: Hauptsache, die Spielerinnen und Spieler sehen gepflegt aus. Carlsen hat also nichts zu befürchten. Das hatte sich schon im vergangenen Jahr angedeutet. Nach dem Eklat bei der Schnellschach-WM hatte die Fide den Dresscode für die anschließende Blitz-WM bereits angepasst, Carlsen trat an und wurde Weltmeister in dem Format. Der Streit mit der Fide schwelte dennoch weiter. Dabei ging es um die Machtfrage im Schach . Carlsen hat seinen Titel als Weltmeister im klassischen Schach freiwillig abgegeben, weil ihm das Format zu langweilig geworden ist. Stattdessen forciert er die Entwicklung einer eigenen Turnierserie, der Freestyle Chess Grand Slam Tour. Die Fide befürchtete darin eine Konkurrenz für ihre WM-Formate und ging gegen Freestyle Chess vor. Mehr über den eskalierten Schachstreit lesen Sie hier.  Bis heute hat sich das Verhältnis zwischen Carlsen und dem Weltverband kaum verbessert. Zeitweise drohte er damit, bei Fide-Turnieren nicht mehr anzutreten. Warum er nun doch dabei ist? Er habe eine gute Beziehung zu den Organisatoren in Katar, sagte Carlsen auf der Pressekonferenz vor dem Turnier. Außerdem sei es in Norwegen mittlerweile Tradition, dass die Menschen über die Feiertage Schach-Weltmeisterschaften mit ihm im Fernsehen verfolgen. Er wolle den Menschen diese Unterhaltung weiter liefern. Aber: "Über meine Beziehung zur Fide würde ich nicht sagen, dass sie sehr gut ist", so Carlsen. Sportlich begann die Schnellschach-WM für Carlsen jedenfalls erfolgreich. Nach dem ersten von drei Tagen führte er die Tabelle mit 4,5 Punkten aus fünf Partien an. Wie es nach der WM für Carlsen und seine Beziehung zur Fide weitergeht, ist derweil offen. Der Weltverband hat gemeinsam mit dem norwegischen Schachverband ein neues WM-Format ins Leben gerufen: Die Total Chess World Championship Tour. Bei vier Turnieren im Jahr sollen sich die Spieler im klassischen Schach sowie im Schnell- und Blitzschach messen. Man will sozusagen den komplettesten Schachspieler ermitteln. Ein Format, wie auf Carlsen zugeschnitten. Ob Carlsen bei der totalen Schach-WM aber wirklich dabei sein wird, ist bislang offen. Der norwegische Schachverband hofft darauf, die Fide auch. Carlsens deutscher Partner bei Freestyle Chess, der Millionär Jan-Henric Buettner, begreift die totale Schach-WM aber offenbar als Konkurrenz. Laut Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"  legt Buettner Wert darauf, dass Carlsen das Projekt seiner Landsleute zwar begrüßt, seine Teilnahme an der "totalen Weltmeisterschaft" aber nicht zugesagt habe. Carlsen stehe beim Freestyle Chess Grand Slam in der Pflicht. Magnus Carlsen hasste Hausaufgaben und blühte auf, als er nicht mehr zur Schule gehen musste. Heute spielt er Schach nach neuen Regeln und entgegnet dem Weltverband: "Fuck you". Was treibt den Schachrebellen an? Das SPIEGEL-Porträt lesen Sie hier.