Datum27.12.2025 10:48
Quellewww.spiegel.de
TLDRIsrael hat als erstes Land Somaliland als unabhängigen Staat anerkannt, was weltweit auf erhebliche Kritik gestoßen ist. Somalia verurteilt den Schritt als Angriff auf seine Souveränität, während die Afrikanische Union und andere Länder warnen, dass dies die Stabilität in der Region gefährden könnte. Somaliland, das 1991 Unabhängigkeit erklärte, hat sich als stabiler gezeigt als Somalia. Die Anerkennung wird im Kontext geopolitischer Spannungen betrachtet, insbesondere im Hinblick auf den Jemen und Israel's Beziehungen zu Somalia.
InhaltDie internationale Empörung ist groß: Als weltweit erstes Land hat Israel die ostafrikanische Region Somaliland als unabhängigen Staat anerkannt. Eine geheime Kontaktaufnahme hatte offenbar schon vor Monaten begonnen. Israels Anerkennung der ostafrikanischen Region Somaliland als einen "unabhängigen und souveränen" Staat ist in vielen Ländern auf Kritik gestoßen. Somalias Außenministerium verurteilte den Schritt am Freitag als "vorsätzlichen Angriff" auf seine Souveränität. Die Afrikanische Union forderte die Achtung der Grenzen und warnte vor weitreichenden Folgen für die Stabilität auf dem Kontinent. US-Präsident Donald Trump sprach sich explizit gegen eine Anerkennung von Somaliland durch die USA aus. "Weiß überhaupt irgendjemand, was Somaliland ist?", fragte der US-Präsident laut einem Interview mit der "New York Post". Die Frage, ob die USA eine Anerkennung von Somaliland unterstützen würden, nachdem ihr Verbündeter Israel diesen Schritt gegangen ist, verneinte Trump. Die zu Somalia gehörende autonome Region Somaliland hatte sich 1991 für unabhängig erklärt und agiert seit mehr als drei Jahrzehnten auch praktisch unabhängig. Von der Regierung in Somalia und auch international wird der Schritt jedoch nicht anerkannt. Am Freitag akzeptierte Israel als erstes Land der Welt den Staat Somaliland. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu, der israelische Außenminister Gideon Saar und der Präsident der Republik Somaliland, Abdirahman Mohamed Abdullahi, unterzeichneten eine entsprechende Erklärung, wie Netanjahus Büro mitteilte. Die Anerkennung geschehe "im Geist der Abraham-Abkommen". Die Abraham-Abkommen waren von US-Präsident Trump während seiner ersten Amtszeit auf den Weg gebracht worden. Sie hatte die Beziehungen der Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrains, Marokkos und des Sudans zu Israel normalisiert. Somalilands Präsident Abdullahi sprach von einem "historischen Moment". Die Anerkennung durch Israel markiere "den Beginn einer strategischen Partnerschaft, die gemeinsame Interessen fördert, Frieden und Sicherheit in der Region stärkt und allen Beteiligten gemeinsame Vorteile bringt, ohne einen von ihnen zu benachteiligen", erklärte er auf X. Somaliland sei bereit, den Abraham-Abkommen beizutreten, fügte er hinzu. Netanjahus Büro veröffentlichte später ein Video, das den israelischen Regierungschef im Gespräch mit dem Präsidenten von Somaliland zeigt. Er werde Trump Abdullahis "Bereitschaft und Wunsch" mitteilen, den Abraham-Abkommen beizutreten, sagt der israelische Regierungschef darin. Israels Außenminister Saar erklärte, die beiden Staaten hätten sich geeinigt, "volle diplomatische Beziehungen aufzunehmen". Netanjahu habe Abdullahi nach Israel eingeladen, erklärte das Büro des israelischen Regierungschefs. Aus dem somalischen Außenministerium hieß es dagegen, die Anerkennung von Somaliland gefährde den Frieden in der Region. Die Regierung sprach von einem "vorsätzlichen" und "rechtswidrigen" Angriff auf die Souveränität des Landes. Die Afrikanische Union (AU) erklärte: "Jeder Versuch, die Einheit, Souveränität und territoriale Integrität Somalias zu untergraben, birgt die Gefahr, einen gefährlichen Präzedenzfall mit weitreichenden Folgen für den Frieden und die Stabilität auf dem gesamten Kontinent zu schaffen." Somaliland bleibe ein Teil der Bundesrepublik Somalia, die Mitglied der AU ist, erklärte der Vorsitzende der Organisation, Mahamoud Ali Youssouf. Ankara, ein enger Verbündeter der somalischen Regierung, reagierte empört auf die "offensichtliche Einmischung" Israels in Somalias innere Angelegenheiten. Die Initiative stehe im Einklang mit Israels "expansionistischer Politik und seinen Bemühungen, die Anerkennung eines palästinensischen Staates zu verhinden", hieß es aus dem türkischen Außenministerium. Die israelische Regierung versuche damit, "Instabilität in der Region und weltweit zu erschaffen". Auch die Regierungen Ägyptens und Dschibutis verurteilten Israels Initiative, ebenso der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Aboul Gheit. Es handele sich um einen "klaren Verstoß gegen die Regeln des Völkerrechts" und Missachtung des Prinzips der territorialen Einheit und staatlichen Souveränität, so Gheit. Nach Informationen des israelischen Senders Channel 12 hatten vor Monaten geheime Kontakte zwischen Israel und Somaliland begonnen. Israel habe damals im Krieg im Gazastreifen nach Ländern gesucht, die bereit wären, palästinensische Bewohner des umkämpften Küstenstreifens aufzunehmen. US-Präsident Trump hatte zuvor die Idee einer Umsiedelung der Bewohner ins Spiel gebracht, was aber auf internationale Kritik gestoßen war. Ein anderer zentraler Grund für Israels Beziehungen zu Somaliland sei die Nähe dieser Region zum Jemen, schrieb die "Times of Israel". Der Zugang zum Territorium und Luftraum Somalilands würde es Israel erleichtern, Angriffe gegen die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz im Jemen durchzuführen und sie zu überwachen. Somaliland liegt an der nordwestlichen Spitze Somalias am Eingang zum Roten Meer und gegenüber dem Jemen. Dort kontrolliert die Huthi-Miliz einen Großteil des Landes. Die Huthis sind mit der Hisbollah-Miliz im Libanon und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen verbündet. Nach Beginn des Gazakriegs am 7. Oktober 2023 attackierten sie Israel immer wieder mit Raketen und Drohnen. Zudem griffen sie Schiffe an, die angeblich mit Israel in Verbindung standen. Seit Beginn einer Waffenruhe im Gazastreifen am 10. Oktober haben die Huthis keine Angriffe auf Israel oder auf Schiffe mehr für sich reklamiert. Somaliland ist mit einer Fläche von rund 175.000 Quadratkilometern in etwa so groß wie Uruguay. Die autonome Region verfügt über eine eigene Währung, Armee und Polizei. Im Gegensatz zu dem seit Jahrzehnten krisengebeutelten Somalia, das regelmäßig von Naturkatastrophen und Anschlägen der islamistischen Schabab-Miliz erschüttert wird, zeichnet sich Somaliland durch relative Stabilität aus. Staaten wie Äthiopien oder die Vereinigten Arabischen Emirate unterhalten bereits Beziehungen zu Somaliland, haben das Gebiet aber nicht offiziell als unabhängigen Staat anerkannt.