»Tatort« aus München: »Das Verlangen« im Schnellcheck

Datum26.12.2025 16:54

Quellewww.spiegel.de

TLDRIm Münchner „Tatort: Das Verlangen“ ermitteln die Kommissare Batic und Leitmayr nach dem tödlichen Giftanschlag auf eine Schauspielerin während einer Theateraufführung. Die Handlung vereint Elemente von Tschechow und Christie, während das Residenztheater als Kulisse dient. Die Hauptdarstellerin Ursina Lardi brilliert als Theaterstar und spielt mit der Grenze zwischen Bühne und Realität. Trotzdem bleibt die Inszenierung hinter den Erwartungen zurück, und der Krimi wird als mäßig unterhaltsam bewertet – mit 6 von 10 Punkten.

InhaltNur der Tod ist echt: Die grau melierten Realos Batic und Leitmayr ermitteln inmitten des flatterhaften Bühnenvolks vom Residenztheater. Ein bisschen Künstlerhommage, ein bisschen Knobelkrimi. Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde. Das Szenario: Vorhang auf für falsche Gefühle und wahren Mord. Nachdem eine Schauspielerin während einer Aufführung von "Die Möwe" vergiftet zusammengebrochen ist, ermitteln die Grummler von der Mordkommission zwischen Illusionskünstlern, für die Täuschung und Betrug Teil des Jobprofils sind. Leitmayr (Udo Wachtveitl) raunt genervt: "Wir sind hier am Theater, hier hat jeder was mit jedem." Batic (Miroslav Nemec) gibt sich empfänglicher für die am Haus praktizierten Einseifungstechniken. Besonders die Grande Dame des Theaters (Ursina Lardi) hat es ihm angetan. Der Clou: Anton Tschechow trifft Agatha Christie. Der zu großen Teilen im Residenztheater gefilmte Krimi huldigt am Anfang patent dem heiter-verzagten Ton, mit dem der russische Dramatiker von Betrug und Selbstbetrug erzählte. Hauptdarstellerin Lardi hatte mit Regisseur Andreas Kleinert und Co-Drehbuchautor Norbert Baumgarten zuvor schon für das freisinnige Erotikdrama "Sag mir nichts" zusammengearbeitet. Doch am Ende wandelt sich der "Tatort" in ein arg gediegenes und moralisches Mörderrätsel mit Aha-Effekt-Überführung. Nach Nonnen-Krimi, Landhaus-Kamelle und Berghotel-Knobelei droht der München-"Tatort" jetzt endgültig zur Miss-Marple-Schnurre zu werden. Der Auftritt: Ursina Lardi als Theaterstar Gina Rohland. Schon der Rollenname ist eine Verbeugung – er bezieht sich auf die im vergangenen Jahr verstorbene US-Schauspielerin Gena Rowland, die zugleich tieftraurig und sehr komisch sein konnte. Lardi zieht in der Theater-Hommage alle Register ihres Könnens. Ihre Figur der Gina Roland konterkariert Gefühlsausbrüche auf der Bühne mit kleinen schnippischen Kommentaren. Gespielte Rolle und echte Person verschwimmen bei ihr verführerisch. Der Rest der Inszenierung kann dieses Niveau meist leider nicht halten. Das Bild: Zerstörte Illusionen. Bühnenarbeiter hauen in einem Hinterraum des Residenztheaters die Schnee und Eis simulierende Styroporkulisse eines inzwischen abgesetzten Weihnachtsmärchens kurz und klein. Der Song: "Oh Bondage, Up Yours" von X-Ray Spex  . Der patent enervierende Netzstrumpfhosen-Wavepunk der Londoner Band um Poly Styrene läuft, als eine Theatermitarbeiterin auf dem Dach des Residenztheaters ihren Schmerz um die verstorbene Kollegin wegzupogen versucht. Die Bewertung: 6 von 10 Punkten. Der Backstage-Krimi will sowohl Theater-Aficionados als auch Ratefüchse bedienen – beide Gruppen kommen nur halb auf ihre Kosten. "Tatort: Das Verlangen", Freitag (!), 2. Weihnachtstag, 20.15 Uhr, Das Erste Kommissar-Karussell: Alle "Tatort"-Teams im Überblick