Datum22.12.2025 12:08
Quellewww.spiegel.de
TLDRDie Bundesregierung plant ab 2026 eine E-Auto-Kaufprämie von drei Milliarden Euro, um den Verkauf von Elektrofahrzeugen, insbesondere für einkommensschwache Haushalte, zu fördern. Eine Unternehmensberatung warnt jedoch, dass ohne lokale Produktionskriterien chinesische Hersteller davon profitieren könnten. Deloitte schätzt, dass der Fördertopf bis 2030 750.000 zusätzliche E-Fahrzeuge möglich macht, während die europäische Produktion nicht ausreicht. Bundesfinanzminister Klingbeil betont die Dringlichkeit der Elektromobilität und warnt deutsche Autobauer vor einer Rückkehr zu Verbrennungsmotoren.
InhaltMit einer Drei-Milliarden-Förderung will die Bundesregierung den E-Auto-Verkauf ankurbeln. Nun warnt eine Unternehmensberatung: Das Geld reicht für mehr Fahrzeuge, als in Europa produziert werden. Mit einem Förderprogramm will der Bund in Zukunft vor allem Haushalten mit kleinem oder mittleren Einkommen den Kauf von Elektroautos ermöglichen. Dafür sollen ab 2026 insgesamt drei Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds fließen, einem Sondertopf des Bundes. Die Unternehmensberatung Deloitte warnt nun: Die angekündigte Kaufprämie könnte ohne vorbeugende Maßnahmen auch den chinesischen Konkurrenten der deutschen Hersteller nutzen. Jedes Jahr könnten in Deutschland bis zu 180.000 E-Autos zusätzlich abgesetzt werden, schätzen die Deloitte-Autoexperten, der Großteil davon reine Batterieautos. Der Fördertopf von drei Milliarden Euro könnte demnach bis 2030 für 750.000 zusätzliche E-Fahrzeuge auf den deutschen Straßen reichen. Die europäische E-Auto-Produktion wird nach Einschätzung der Berater aber nicht ausreichen, um den Bedarf vollständig zu decken. Deloitte-Autobranchenfachmann Harald Proff plädiert dafür, die Förderung an die Herstellungsregion zu knüpfen: "Um die europäische Automobilwirtschaft tatsächlich zu fördern, müssen jedoch Local-Content-Kriterien definiert werden, damit wir nicht Gefahr laufen, mit deutschen Steuergeldern Importfahrzeuge aus China zu subventionieren", zitierte die Nachrichtenagentur dpa Proff. Unter Local Content wird der Anteil an der Wertschöpfung verstanden, der in einer Region erbracht, also nicht importiert wird. Die Kaufprämie soll nach dem Willen der Bundesregierung im Jahr 2026 schnellstmöglich umgesetzt werden. Bezuschusst werden sollen Kauf oder Leasing von Batterieautos und Plug-in-Hybriden. Gedacht ist die Förderung für eine Einkommensgrenze von 80.000 Euro Haushaltsjahreseinkommen, plus je 5000 Euro für bis zu zwei Kinder. Eine vorherige staatliche Kaufprämie für E-Autos war Ende 2023 abrupt gestoppt worden. Das nun geplante Programm wird nach derzeitigem Stand ohne die von Deloitte geforderten "Local Content"-Kriterien aufgelegt. Die Bundesregierung will "schnellstmöglich" EU-konforme Kriterien und tragfähige EU-Präferenzregelungen erarbeiten, wie es auf der Webseite des Umweltministeriums heißt. "Diese Vorgaben werden später in das laufende Förderprogramm integriert." Chinas Elektroauto-Hersteller haben in den vergangenen Jahren große Überkapazitäten aufgebaut und sind dringend auf Exporte angewiesen, um die Bilanzen aufzubessern. Unterdessen warnte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil die deutschen Autobauer vor einem Festhalten am Verbrennungsmotor. Der SPD-Chef sagt nach dem EU-Vorschlag zur Lockerung der CO₂-Grenzwerte: "Allerdings sollten die Autokonzerne das nicht missverstehen: Wenn sie jetzt meinen, sie könnten noch lange auf Diesel und Benziner setzen, dann sind ihre Schwierigkeiten in ein paar Jahren umso größer. Der Weg zur Elektromobilität muss mit hohem Tempo weitergehen", sagte Klingbeil der "Neuen Osnabrücker Zeitung" . Zugleich stellte er klar: "Die Zukunft der Mobilität ist elektrisch." Klingbeil verwies auf internationale Konkurrenz. Er habe in Peking und Shanghai erlebt, "wie weit man dort schon ist, auch, weil die Regierung den Umstieg massiv fördert". Daraus folge: "Unsere Autobauer haben Nachholbedarf." Den Brüsseler Vorschlag bezeichnete der Finanzminister dennoch als tragfähigen Kompromiss. "Wir haben jetzt einen guten Weg gefunden, wie wir den Weg zur Klimaneutralität flexibler machen, indem etwa Hybride noch länger zugelassen werden", sagte er. Zudem gelte: "Wenn wir pragmatisch handeln, dann sind der Schutz von Arbeitsplätzen und der Schutz des Klimas keine Gegensätze." Die EU-Kommission hatte die Pläne für ein striktes Verbrenner-Aus zuletzt aufgeweicht . So sollen nun auch nach 2035 Autos mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden können. Eigentlich hatten sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments vor rund drei Jahren darauf verständigt, dass Neuwagen ab 2035 kein klimaschädliches CO₂ mehr ausstoßen dürfen. Von diesem 100-Prozent-Reduktionsziel wird nun Abstand genommen. Künftig soll es Ausnahmen geben, wonach nur noch bis zu 90 Prozent CO₂ im Vergleich zum Basisjahr 2021 eingespart werden müssen. Voraussetzung ist, dass der verbleibende Ausstoß durch den Einsatz von umweltfreundlich produziertem Stahl und mehr klimafreundlichen Kraftstoffen ausgeglichen wird.