Einbürgerungen: Gefälschte Sprachzertifikate tauchen in Niedersachsen auf

Datum22.12.2025 04:30

Quellewww.zeit.de

TLDRIn Niedersachsen sind bei Einbürgerungsverfahren gefälschte Sprachzertifikate aufgefallen, die für die Nachweisführung von Deutschkenntnissen auf B1-Niveau erforderlich sind. Eine Umfrage unter 50 Kommunen zeigte, dass zahlreiche Zertifikate unrechtmäßig erworben oder gefälscht sind. In der Region Hannover wurden 2023 acht Fälschungen festgestellt. Um Missbrauch zu verhindern, wurden Prüfverfahren verschärft und Schulungen für Mitarbeiter eingeführt. Bei nachgewiesenen Fälschungen werden Anträge abgelehnt und Strafanzeigen gestellt. Ein neuer Gesetzentwurf sieht vor, Täuschungen künftig mit einem zehnjährigen Einbürgerungsverbot zu sanktionieren.

InhaltHier finden Sie Informationen zu dem Thema „Einbürgerungen“. Lesen Sie jetzt „Gefälschte Sprachzertifikate tauchen in Niedersachsen auf“. Bei Einbürgerungsverfahren sind in einzelnen niedersächsischen Kreisen und kreisfreien Städten zuletzt gefälschte oder unrechtmäßig erworbene Sprachzertifikate aufgefallen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter rund 50 Kommunen in Niedersachsen. Voraussetzung für die deutsche Staatsbürgerschaft sind Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1. Damit sollen Antragstellerinnen und Antragssteller nachweisen, dass sie ihren Alltag selbstständig auf Deutsch bewältigen können. In der Region Hannover sind Fälle, in denen die tatsächlichen Deutschkenntnisse nicht dem bescheinigten Niveau des vorgelegten Sprachzertifikats entsprechen, nach Angaben der Verwaltung selten. Meist handele es sich um gefälschte Sprachzertifikate, die früh im Verfahren erkannt würden, sagte ein Sprecher der Kommune. Im laufenden Jahr seien acht Fälschungen festgestellt worden, im vergangenen Jahr 29. Die Dokumente fielen demnach meist vor Erstgesprächen auf – etwa wegen auffälliger Schriftarten, ungewöhnlicher Layouts oder falscher Siegel der Prüfstellen. Verständigungsschwierigkeiten seien nicht automatisch ein Hinweis auf Täuschung, oft spiele Nervosität eine Rolle, sagte der Sprecher. Eine Statistik zu sogenannten Stellvertreterprüfungen – also Sprachtests, die mutmaßlich von anderen Personen abgelegt wurden – führt die Region Hannover nach eigenen Angaben nicht. In Oldenburg passte nach einer internen Auswertung in 15 Verfahren im laufenden und im vergangenen Jahr das tatsächliche Sprachniveau nicht zu den vorgelegten Sprachzertifikaten. Als mögliche Ursachen nannte die Stadt den Kauf gefälschter Dokumente sowie Stellvertreterprüfungen. In einzelnen Fällen wurden dabei sogar gute oder sehr gute Sprachzertifikate vorgelegt, obwohl eine Verständigung im persönlichen Gespräch kaum möglich gewesen sei, teilte die Stadt mit. Insgesamt seien bislang vier Stellvertreterprüfungen festgestellt worden. In 21 Verdachtsfällen hätten sich nach Überprüfungen 11 Sprachzertifikate als Fälschungen erwiesen. Insgesamt betreffen Täuschungsversuche nur einen kleinen Teil der Einbürgerungsanträge. Im laufenden Jahr gab es in der Region Hannover und der Stadt Oldenburg vergleichsweise 3.464 (Stand 9. Dezember) und 1.267 (Stand 15. Dezember) Anträge. Andere Kommunen wie Cuxhaven, Wittmund, Grafschaft Bentheim, Holzminden und Osterholz meldeten hingegen im laufenden oder vergangenen Jahr keine Fälschungen oder Täuschungen bei Sprachzertifikaten. Wenige Kreise führten über diese Fälle keine Statistik. Unabhängig davon ermittelt die Polizei bundesweit wegen des Handels mit gefälschten Sprachzertifikaten. Dabei geht es um Angebote, für die unter anderem in sozialen Medien geworben wird. Nach Recherchen von "Stern" und RTL lassen sich falsche Zertifikate demnach für rund 1.500 Euro über Plattformen wie Tiktok bestellen. Entsprechende Hinweise liegen niedersächsischen Kommunen nicht vor. Laut einer Sprecherin des Landkreises Holzminden gab es in diesem Jahr lediglich einen anonymen Hinweis, dass in einem Fall die Fragen und Antworten der Sprachprüfung über die Plattform Telegram käuflich erworben wurden. Dazu liegen allerdings noch keine weiteren Erkenntnisse vor. Bei nachgewiesenen Fälschungen werden Einbürgerungsanträge abgelehnt und Strafanzeigen gestellt. Wer im Einbürgerungsverfahren täuscht oder unvollständige Angaben macht, soll künftig zehn Jahre lang nicht mehr deutsche Staatsbürger werden können. Das sieht ein Gesetzentwurf zur Einstufung sicherer Herkunftsländer vor, die der Innenausschuss des Bundestags Anfang Dezember beschlossen hat.  Um Fälschungen schneller zu erkennen, haben einige Kommunen ihre Prüfverfahren verschärft. In Oldenburg erhielten Mitarbeitende nach Angaben einer Sprecherin flächendeckende Schulungen, zudem sollen neue Prüfungsmaterialien eingesetzt werden. Um Missbrauch zu erschweren, setzen einige Sprachschulen auf zusätzliche Sicherheitsmerkmale. Nach Angaben einer Sprecherin des Landkreises Hameln-Pyrmont versehen sie Sprachzertifikate etwa mit QR-Codes, die auf die Website des jeweiligen Anbieters führen. Mittlerweile erstellen Betrüger allerdings auch gefälschte Webseiten, die den Originalseiten täuschend ähnlich sehen.  Verhindern lassen sich Fälschungen seitens der Einbürgerungsbehörde nicht, teilte eine Sprecherin des Landkreises Rotenburg mit. Die Behörde könne jedoch mit besserer Verifikation entgegenwirken, hieß es. © dpa-infocom, dpa:251222-930-455245/1