Aussteiger in Italien: Darf die »Waldfamilie« in ihrem Steinhaus Weihnachten feiern?

Datum20.12.2025 16:42

Quellewww.spiegel.de

TLDRIn Italien wurde einer britisch-australischen Familie, bekannt als die "Waldfamilie", das Sorgerecht für ihre drei Kinder entzogen. Die Familie lebte isoliert in einem Steinhaus ohne Wasser und Strom. Nach schwerer Erkrankung der Kinder wurde das Jugendamt eingeschaltet, das die Lebensumstände als untragbar einstufte. Die Kinder wurden vorübergehend in einem Heim untergebracht. Die Eltern zeigen Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Behörden, und ein Gericht wird über die mögliche Wiedervereinigung entscheiden. Der Fall findet große öffentliche Beachtung.

InhaltSie lebten isoliert, ohne Wasser, Strom und Toilette. Deshalb hat ein Aussteigerpaar in Italien das Sorgerecht für seine drei Kinder entzogen bekommen. Nun muss ein Gericht entscheiden, wann die Familie wieder zusammenkommt. Das Schicksal einer fünfköpfigen Familie, die in den Abruzzen in einem abgelegenen Haus im Wald lebte, bewegt in der Weihnachtszeit viele Menschen in Italien. Die "Waldfamilie", wie sie in der Presse genannt wird, ist derzeit noch nicht wieder vereint. Die italienischen Behörden haben dem britisch-australischen Paar angesichts der Lebensumstände im November das Sorgerecht für die drei Kinder vorübergehend entzogen. Die achtjährige Tochter und zwei sechsjährige Zwillingsgeschwister wurden vorläufig in einem Heim untergebracht – wo sie italienischen Medien zufolge zum ersten Mal in ihrem Leben elektrische Lichtschalter und eine Dusche sahen. Die Eltern hatten sich bewusst für ein Leben jenseits der Konsumgesellschaft entschieden. Sie lebten in einfachsten Verhältnissen in einem Steinhaus im Wald ohne fließendes Wasser und Strom. Wie italienische Medien berichten, sieht die Mutter ihre Kinder mittlerweile täglich, der Vater darf sie regelmäßig besuchen. Ihre Anwälte zeigten sich demnach zuversichtlich, dass die Familie bald wieder vereint werden könnte: Die Eltern hätten Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Behörden und Sozialdiensten signalisiert. Das Jugendgericht müsse nun erneut entscheiden. Ein Unternehmer, der den Vater in seinem Haus aufgenommen hat, sagte der Zeitung "Repubblica", der Mann sei sehr niedergeschlagen. Er scheine über seinen bisherigen Lebensstil ins Nachdenken gekommen zu sein, seit er selbst in einem modernen Heim "mit eigenem Bad und allem Komfort" wohne. Viele Italiener beobachten den Fall interessiert, auch von ranghohen Politikern wird er verfolgt. "Kinder sind kein Eigentum des Staates, sie müssen mit der Liebe ihrer Mutter und ihres Vaters leben und aufwachsen können", kommentierte etwa der Vize-Ministerpräsident und Chef der rechten Regierungspartei Lega, Matteo Salvini, auf der Plattform X. Auch die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni hatte sich "besorgt" gezeigt. Der Fall war ins Rollen gekommen, als die Familie im September 2024 an einer schweren Pilzvergiftung erkrankte und ins Krankenhaus musste. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte verständigten die Polizei, die den Fall an das Jugendamt weiterleitete. Bei einer anschließenden Prüfung stellte das Jugendamt fest, dass das Haus unbewohnbar und die Lebensbedingungen für die Kinder äußerst prekär seien.