Datum19.12.2025 12:59
Quellewww.spiegel.de
TLDRBei der Jahrespressekonferenz in Moskau äußerte sich Wladimir Putin zum Ukraine-Konflikt und betonte, dass Russland nicht verantwortlich für den Krieg und den Tod von Menschen sei. Er lobte Dialogsignale aus Kiew und bekräftigte die Bereitschaft Russlands, friedliche Lösungen zu suchen, wobei er jedoch auf seine Bedingungen bestand. Zudem drohte er mit Konsequenzen, falls die EU eingefrorene russische Vermögen nutzen würde. Putins Aussagen wurden als Teil einer Propagandashow kritisiert, während er militärische Fortschritte der russischen Armee behauptete.
InhaltDie Jahrespressekonferenz bietet Wladimir Putin alljährlich eine Bühne, um seine Weltsicht zu verbreiten. Diesmal nutzt Russlands Machthaber sie für Ausführungen zum Krieg gegen die Ukraine und Sticheleien gegen die EU. Russlands Präsident Wladimir Putin hat an diesem Freitag zu seiner jährlichen Pressekonferenz geladen. Die traditionell vom Kreml kontrollierte Veranstaltung wird von Beobachtern als Propagandashow eingestuft, die es Putin ermöglicht, ausführlich seine Sicht auf die Weltlage auszuführen, im Besonderen seine Sicht auf den russischen Angriff auf die Ukraine. "Wir haben den Krieg nicht begonnen", sagte der Kremlchef etwa auf eine Frage eines Reporters des US-Senders NBC. Deshalb sehe er Russland auch "nicht für den Tod von Menschen verantwortlich." Der Reporter hatte von Putin wissen wollen, ob er für den Tod von Ukrainern und Russen verantwortlich sei, wenn er Donald Trumps Friedensangebot ablehne. Trump unternehme "ernsthafte Anstrengungen, um diesen Konflikt zu beenden", behauptete Putin weiter. Bei dem gemeinsamen Treffen vor einigen Monaten in Alaska habe man sich "auf die Vorschläge von Präsident Trump geeinigt und ihnen praktisch zugestimmt. Daher ist es völlig unkorrekt und unbegründet zu behaupten, dass wir etwas ablehnen", erklärte er weiter. Bei der landesweit im Fernsehen übertragenen Fragerunde dürfen nur ausgewählte Journalisten und Bürger dem Kremlchef Fragen stellen. Putins Darstellung zufolge sei sein Land bereit für eine friedliche Lösung des Konflikts – zu seinen in der Vergangenheit dargelegten Forderungen. Dabei bezog er sich auf seinen Auftritt im russischen Außenministerium im Juni 2024. Damals verlangte Putin, dass sich die Ukraine vollständig aus vier Gebieten im Osten des Landes – Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson – zurückziehen solle. Eine Vorgabe, die sich auch in Trumps 28-Punkte-Plan für die Ukraine findet. Neu ist nun, dass Putin Kyjiw eine gewisse Dialogbereitschaft attestiert. "Wir sehen und spüren und wissen um gewisse Signale, auch vom Kyjiwer Regime, dass sie bereit sind, eine Art von Dialog zu führen", sagte er. "Das Einzige, was ich jetzt sagen möchte, ist, dass auch wir immer bereit und willens sind, diesen Konflikt mit friedlichen Mitteln auf der Grundlage der Prinzipien zu beenden, die ich letzten Juni im Außenministerium dargelegt habe", sagte Putin. Gleichzeitig zeigte sich Russlands Machthaber bereit für weitere Kampfhandlungen und lobte Gebietsgewinne der russischen Armee. Gleichwohl liege der Ball in Sachen Frieden aufseiten der Ukraine und des Westens, hielt Putin fest: "Die Frage liegt vollständig und gänzlich in den Händen unserer westlichen Gegner. Für den Fall der Nutzung eingefrorener russischer Vermögen, wie die EU sie erst vor wenigen Stunden in Brüssel unter bestimmten Voraussetzungen beschlossen hatte, drohte Putin mit "schweren Konsequenzen". Sollte sich die EU dieser "frozen assets" bedienen, sei dies "Raub", behauptete der Kremlchef weiter. "Aber wieso können sie diesen Raub nicht begehen? Weil die Konsequenzen für die Räuber schwer sein könnten." Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich in der Nacht zum Freitag darauf geeinigt, der Ukraine zinslose Kredite in Höhe von 90 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Die Gelder sollen wegen Widerständen mehrerer EU-Länder gegen die Nutzung von eingefrorenem russischem Vermögen nun aus dem EU-Haushalt kommen. Der Kremlchef verkündete weiter, die russische Armee habe entlang der gesamten Frontlinie die strategische Initiative und werde bis Jahresende weitere Erfolge vorweisen. "Unsere Truppen rücken entlang der gesamten Kontaktlinie vor", sagte Putin. Der "Feind" ziehe sich in alle Richtungen, behauptete er weiter. Putins Darstellungen unterscheiden sich dabei teilweise stark von Beobachtungen von Militärexperten. Putin kritisierte auch den jüngsten Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nahe der Stadt Kupjansk als Inszenierung. Selenskyj sei ein "talentierter Künstler", sagte er mit Blick auf dessen frühere Schauspielkarriere. Russland behauptet täglich, die Stadt im Gebiet Charkiw zu kontrollieren. Putin wiederholte diese Behauptung nun. Tatsächlich hat die Ukraine die Stadt im Nordosten des Landes zurückerobern können. Mehr dazu lesen Sie hier. Putins Fragerunde bietet dem Kremlchef seit Jahren eine Bühne, um seine Weltsicht zu verbreiten. Eine Ausnahme gab es 2022, als Moskau in der Ukraine militärische Rückschläge erlitt. Üblicherweise dauert die Veranstaltung sehr lange – im vergangenen Jahr waren es viereinhalb Stunden. Der frühere KGB-Agent Putin trat nach dem Rücktritt des damaligen russischen Präsidenten Boris Jelzin an Silvester 1999 dessen Nachfolge an. Seither regiert er das Land, unterbrochen von der Zeit zwischen 2008 und 2012, als er Ministerpräsident war.