Bundesgerichtshof: Diskriminiert bei der Wohnungssuche? Klägerin testet Makler

Datum18.12.2025 05:00

Quellewww.zeit.de

TLDREine Frau verklagt einen Immobilienmakler wegen Diskriminierung bei der Wohnungssuche, da sie mit ihrem pakistanischen Namen keine Besichtigungstermine erhielt, während Anfragen mit deutschen Namen erfolgreich waren. Sie sieht einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Fall gelangte zum Bundesgerichtshof, nachdem das hessische Amtsgericht die Klage abgewiesen hatte, während das Landgericht Darmstadt für die Klägerin entschied. Die Verhandlung des BGH könnte wegweisende Auswirkungen auf das AGG im Mietrecht haben.

InhaltHier finden Sie Informationen zu dem Thema „Bundesgerichtshof“. Lesen Sie jetzt „Diskriminiert bei der Wohnungssuche? Klägerin testet Makler“. Gleich mehrfach bewirbt sich eine Frau auf ein Wohnungsinserat - und das mit unterschiedlichen Namen. Ihr Verdacht: Wegen ihres pakistanischen Namens bekommt sie keinen Besichtigungstermin. Sie klagt auf Schadenersatz und landet mit dem Fall nun am Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Dem Immobilienmakler wirft sie vor, er habe sie bei der Wohnungssuche wegen ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert.  Auf der Suche nach einer neuen Wohnung bewarb sich die Klägerin im November 2022 per Internetformular auf ein Inserat des Maklerbüros des Mannes, heißt es in einer Mitteilung des BGH. Sie habe zunächst mehrere Absagen bekommen. Als sie mit den Namen "Schneider", "Schmidt" und "Spieß" anfragte, habe sie dagegen Angebote für Besichtigungen erhalten. Die Frau sieht einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz - und klagte auf Schadenersatz.  Das Angebot des Maklers mit mehreren freien Wohnungen sei frisch auf einem Portal gewesen, teilte die Klägerin der Deutschen Presse-Agentur mit. Trotzdem habe sie auf ihre Anfrage die unmittelbare Antwort bekommen, dass keine Besichtigungstermine mehr verfügbar seien. Die "widersprüchliche Information" habe sie misstrauisch gemacht, erklärt sie.  Also habe sie selbst getestet - und lediglich den Namen bei ihren Bewerbungen geändert. Eine Anfrage mit den Namen "Schneider" sei erfolgreich gewesen, sie habe einen Besichtigungstermin bekommen. Die Frau wandte sich nach eigenen Angaben daraufhin an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Diese habe sie auf das sogenannte Testing hingewiesen, weshalb sie weitere Anfragen mit Deutsch klingendem Namen gestellt habe.  Beim Testing-Verfahren bewerben sich nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle zwei Personen um eine Wohnung, die sich in nur einem Merkmal unterscheiden - etwa dem Namen oder dem Geschlecht. Die Ergebnisse könnten vor Gericht als Indiz für eine Benachteiligung anerkannt werden, schreibt die Behörde auf ihrer Internetseite.  Ähnlich sieht das auch Beate Heilmann, Rechtsanwältin und Mietrechts-Expertin beim Deutschen Anwaltverein (DAV). Als Indiz ließen sie allerdings keinen definitiven Schluss auf Vorsatz zu, sagt sie. Ob der BGH die Ergebnisse des Testing-Verfahrens überhaupt als Indizienbeweis in einem Prozess zulässt, ist für Heilmann eine interessante Frage.  Erkenntnisse, die über den Einzelfall hinausgehen, ließen sich dadurch wahrscheinlich nicht ziehen. Es stelle sich aber die Frage, ob der BGH sich der Einschätzung der Antidiskriminierungsstelle anschließt und dem Testing die potenzielle Beweiskraft eines Indizienbeweises zuspricht, sagt Heilmann. Dass sich der BGH zum Testing äußern müsse, sei "begrüßenswert".  Aber auch mit Blick auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Mietrecht blickt die Rechtsanwältin mit Interesse auf die Verhandlung. Das Gesetz trat bereits vor knapp 20 Jahren in Kraft. Seitdem habe es laut Heilmann einige Entscheidungen bei Landgerichten und Amtsgerichten gegeben. "Das ist aber wirklich aus meiner Sicht der erste Fall, der zum AGG - im Bereich Mietrecht jedenfalls - zum BGH gekommen ist", sagt sie.  Das hessische Amtsgericht Groß-Gerau hatte die Klage der Frau zunächst abgewiesen, das Landgericht Darmstadt entschied im Berufungsverfahren dagegen anders. Es verurteilte den Makler zur Zahlung einer Entschädigung von 3.000 Euro sowie zur Erstattung von Anwaltskosten.  Der Makler ging in Revision, sodass sich nun das höchste deutsche Zivilgericht mit dem Fall beschäftigt. Am Donnerstag verhandelt der erste Zivilsenat dazu mündlich in Karlsruhe. Dass am selben Tag schon eine Entscheidung fällt, gilt als unwahrscheinlich. © dpa-infocom, dpa:251218-930-438611/1