Datum17.12.2025 09:27
Quellewww.spiegel.de
TLDRDeutschland belegt im globalen Quantenrennen den fünften Platz, laut einer Studie von OECD und dem Europäischen Patentamt. Mit 534 Internationalen Patentfamilien gehört das Land zu den führenden Nationen im Bereich Quantentechnologie, insbesondere im Quantencomputing und der Quantensensorik. Trotz guter Chancen und dynamischem Wachstum hat Deutschland nur 2,9% der globalen Finanzmittel für Quanten-Start-ups. Der Quantenmarkt könnte bis 2035 ein Volumen von 93 Milliarden Euro erreichen. Für Innovation und wirtschaftliche Nutzung sind verstärkte öffentliche Investitionen erforderlich.
InhaltQuantentechnologien könnten die Welt ähnlich stark verändern wie künstliche Intelligenz. Eine Studie von OECD und Europäischem Patentamt räumt deutschen Unternehmen und Universitäten gute Chancen ein. Der Markt und die Forschungslandschaft für Quantentechnologie entwickelt sich weltweit in hohem Tempo. Neben den Wirtschaftsgroßmächten USA und China mischt dabei auch Deutschland vorne mit. Das zeigt eine groß angelegte Studie, die das Europäische Patentamt (EPA) zusammen mit der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) heute vorgelegt hat. Quantentechnologien nutzen physikalische Gesetze und Eigenschaften auf der Ebene kleinster Teilchen wie Atomen und Photonen, um neue Technologien zu entwickeln, die klassische Grenzen überwinden. So arbeiten Wissenschaftler an Universitäten und in Unternehmen an Quantencomputern, deren Rechenleistung herkömmliche Computer um ein vielfaches übertreffen sollen. Deutschland liegt der Studie zufolge mit 534 so genannten Internationalen Patentfamilien (IPFs) – das sind Patentanmeldungen für dieselbe Erfindung in mehreren Ländern – im Zeitraum 2005 bis 2024 weltweit an fünfter Stelle. An der Spitze liegen die USA, gefolgt von Europa als Kontinent, Japan, China und der Republik Korea. Innerhalb Europas führt Deutschland das Feld vor Großbritannien und Frankreich bei der Anmeldung von Quantenpatenten an. Der globale Anteil Deutschlands an IPFs stieg zuletzt von vier Prozent (2015 bis 2019) auf 7 Prozent (2020 bis 2024). "Quantentechnologien bergen ein enormes Potenzial, befinden sich aber noch in einem frühen Entwicklungsstadium", sagt EPA-Präsident António Campinos. Die Studie zeige ebenso wie der im vergangenen Jahr von Mario Draghi, dem früheren Präsidenten der Europäischen Zentralbank, vorgelegten Bericht, dass die EU noch Spielraum habe, "um ihre Investitionen in diese Technologie auszuweiten, insbesondere im Vergleich zu führenden Ländern dieses Segments wie etwa die USA". Für die Kommerzialisierung der Grundlagenforschung seien Finanzmittel aus dem privaten Sektor erforderlich. "Regierungen sollten diesem Thema Priorität einräumen", mahnte der EPA-Präsident In Deutschland engagieren sich derzeit 145 Akteure in der Quantentechnologie, darunter Unternehmen, Start-ups und Universitäten. Knapp ein Drittel davon sind so genannte Kernunternehmen, häufig Start-ups, die sich überwiegend oder vollständig auf Quantentechnologien ausrichten und stark auf öffentliche Mittel angewiesen sind. Zu den – gemessen an den Patentanmeldungen – führenden Unternehmen weltweit gehören die US-Konzerne IBM, Intel und Microsoft sowie der koreanische Computerkonzern LG und der japanische Technologiekonzern Toshiba. Vier der fünf Universitäten mit den meisten zitierten Patenten im Bereich der Quantentechnologien kommen aus den USA, angeführt vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und Harvard. Deutschland stellt 5,8 Prozent der Quanten-Kernunternehmen weltweit, akquiriert aber nur 2,9 Prozent der globalen Finanzmittel, die in diese Firmen fließen. Das weltweite Finanzierungsvolumen betrug zwischen 2024 und 2024 rund 20 Milliarden Dollar. Deutschland wendet 1,45 Prozent seiner gesamten öffentlichen Ausgaben für Forschung- und Entwicklung für Quanten-Forschung auf und gehört damit zu den führenden fünf OECD-Ländern. Der weltweite Quanten-Markt wird Schätzungen der Unternehmensberatung McKinsey zufolge bis 2035 voraussichtlich ein Volumen von rund 93 Milliarden Euro erreichen. Die Studie unterscheidet dabei die Felder Quantencomputing, Quantenkommunikation und Quantensensorik. In allen drei Teilbereichen ist Deutschland mit 311, 153 und 67 Internationalen Patentfamilien führend in der EU. Während das Computing in den vergangenen Jahren global besonders stark gewachsen ist und den größten Anteil hat, sind deutsche Unternehmen in der Quantensensorik besonders stark. So investieren der Autozulieferer Bosch und der Rüstungskonzern Hensoldt erheblich in Quantensensorik. Die Technologie kann beispielsweise in der Medizin, der Navigation oder bei militärischen Anwendungen zum Einsatz kommen. In München hat gerade das Start-up QuantumDiamonds angekündigt, in ein Werk für den Bau von Quantenmikroskopen zu investieren, mit denen modernste Chips getestet werden können. Die OECD/EPA-Studie sieht zwar ein sehr dynamisches Wachstum, was die Zahl der Neugründungen im Quantenbereich angeht, viele dieser Neugründungen sähen sich jedoch mit Herausforderungen bei der Finanzierung und Skalierung konfrontiert. Daher gewinne die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Forschungseinrichtungen, Start-ups und großen Unternehmen an Bedeutung für Innovationen im Quanten-Bereich und ihre wirtschaftliche Nutzung.