Medizinstudium in Rumänien: "Es gibt hier nicht meins und deins, es gibt nur unsers"

Datum16.12.2025 12:59

Quellewww.zeit.de

TLDRJonathan Premke, ein 25-jähriger Medizinstudent aus Deutschland, studiert Humanmedizin in Cluj-Napoca, Rumänien, nachdem er in Deutschland keinen Studienplatz erhielt. Er schätzt die Gemeinschaft und Hilfsbereitschaft seiner Mitstudierenden und engagiert sich in sozialen Projekten. Das Studium kostet 7.500 Euro jährlich, und er finanziert es mit elterlicher Unterstützung. Jonathan plant, nach seinem Abschluss als Kinderarzt in Entwicklungsländern zu arbeiten. Obwohl er seine Heimat vermisst, fühlt er sich bereits zum Teil als Rumäne und hat tolle neue Freundschaften geschlossen.

InhaltJonathan will Kinderarzt werden. Für ein Medizinstudium reichte es in Deutschland nicht, also zog er nach Rumänien. In Cluj-Napoca fand er vor allem eines: Gemeinschaft. "Seit der Oberstufe stand für mich fest, dass ich Medizin studieren will. Obwohl ich ein FSJ in einer Notaufnahme und eine Rettungssanitäter-Ausbildung gemacht habe, bekam ich in Deutschland keinen Studienplatz. Also bin ich vor drei Jahren nach Rumänien gezogen. Cluj-Napoca liegt in Transsilvanien, umgeben von den Karpaten. Ich mag das Land seit einer Radreise nach dem Abi. Es gibt hier nicht meins und deins, es gibt nur unsers. Alle helfen sich und teilen.  Mein Freund Razvan etwa sammelt Kleidung und weiß genau, was anderen am besten gefällt. Ich helfe bei Foto- und Videoprojekten, mit Leuten aus der Uni unterstützen wir Kinder in einem Sinti-und-Roma-Dorf. Das Studium kostet im Jahr 7.500 Euro. Ohne meine Eltern könnte ich mir das nicht leisten. Unsere Uni ist streng: Wer eine Laborstunde verpasst, muss extra zahlen. Ich studiere auf Englisch, lerne aber viel Rumänisch, weil wir in den Praxisphasen mit Patient:innen sprechen müssen. Nach der Uni fahre ich mit dem Rad direkt zum Skatepark Rozelor oder raus aus dem Zentrum. Mein Lieblingsort liegt am Lacul Tarnița, einem Stausee fernab vom Lärm und der schlechten Luft im Tal. Ich mag aber auch den Piața Unirii, den Marktplatz, auf dem Filmfeste und andere Events stattfinden.  In drei Jahren bin ich fünfmal umgezogen. In meiner letzten WG in einem Hochhausblock im Viertel Mărăști habe ich nur 150 Euro gezahlt. Mein neues Zimmer kostet das Doppelte, dafür wohne ich in der Altstadt mit vier Meter hohen Decken und Erker. Mein Studium dauert noch drei Jahre, danach möchte ich in Entwicklungsländern als Kinderarzt arbeiten. Ich vermisse meine Freunde und Familie, manchmal auch die Musik zu Hause. Die ist bei rumänischen Partys oft langsamer, dunkler, ich will es mal wieder scheppern hören. Aber ich habe hier fantastische Leute gefunden und fühle mich schon halb rumänisch."  Jonathan Premke, 25, studiert Humanmedizin im rumänischen Cluj-Napoca.