Statistisches Bundesamt: Zahl der Kindeswohlgefährdungen erreicht neuen Höchstwert

Datum15.12.2025 10:10

Quellewww.spiegel.de

TLDRDie Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland hat mit rund 72.800 Fällen im Jahr 2024 einen neuen Höchstwert erreicht, was einem Anstieg von 31 Prozent seit 2019 entspricht. Die häufigsten Gefährdungen sind Vernachlässigungen (58 Prozent) und psychische Misshandlungen (37 Prozent). Im Durchschnitt waren die betroffenen Kinder 8,3 Jahre alt. Die Jugendämter prüften etwa 239.400 Verdachtsfälle, wobei die meisten Hinweise von Polizei und Justiz stammten. Eine Kindeswohlgefährdung liegt bei erheblichem Risiko für das Wohl eines Kindes vor.

InhaltJugendämter haben 2024 bei rund 72.800 Kindern oder Jugendlichen eine Gefahr durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt festgestellt. Das sind fast ein Drittel mehr als vor Beginn der Coronapandemie. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr so viele Kindeswohlgefährdungen gemeldet wie noch nie zuvor. Im Jahr 2024 stellten die Jugendämter bei rund 72.800 Kindern oder Jugendlichen eine Gefahr durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt fest, teilte das Statistische Bundesamt mit  . Die Zahl solcher Fälle stieg damit binnen fünf Jahren um fast ein Drittel (31 Prozent) oder 17.300. Im Jahr 2019 – kurz vor Ausbruch der Coronapandemie – hatte es rund 55.500 gemeldete Kindeswohlgefährdungen gegeben. Auch im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl zu. Da 2023 verschiedene Jugendämter keine Daten geliefert hatten, wurde die Zahl damals nur geschätzt. Gegenüber diesem Schätzwert stieg die Fallzahl 2024 um acht Prozent, gegenüber den gemeldeten Fällen sogar um 14 Prozent. Die betroffenen Kinder waren 2024 demnach im Durchschnitt 8,3 Jahre alt. Etwa jedes zweite Kind war jünger als neun Jahre, jedes dritte sogar unter sechs Jahre. Besonders häufig stellten die Behörden Anzeichen von Vernachlässigung (58 Prozent) und für psychische Misshandlungen (37 Prozent) fest. In weiteren 28 Prozent der Fälle gab es Hinweise für körperliche Misshandlungen und in sechs Prozent für sexuelle Gewalt. Während von Vernachlässigungen und körperlichen Misshandlungen Jungen etwas häufiger betroffen waren, galt das im Fall von psychischer und vor allem sexueller Gewalt für Mädchen. Bevor die Jugendämter eine tatsächliche Gefährdung des Kindeswohls feststellten, prüften sie im Jahr 2024 rund 239.400 Verdachtsfälle. Damit nahmen die Gefährdungseinschätzungen binnen fünf Jahren um 38 Prozent zu und erreichten ebenfalls einen neuen Höchststand. Die meisten Hinweise auf eine mögliche Gefährdungssituation kamen von Polizei und Justiz (31 Prozent); etwas seltener aus der Bevölkerung, also von Verwandten, Bekannten, Nachbarn oder anonym (21 Prozent). Dahinter folgen Kinder-, Jugend- oder Erziehungshilfe (13 Prozent) und Schulen (zwölf Prozent). Nur in etwa einem Zehntel der Fälle stammten die Hinweise aus den Familien selbst, also von den betroffenen Minderjährigen (zwei Prozent) oder deren Eltern (sieben Prozent). Eine Kindeswohlgefährdung liegt den Angaben zufolge vor, wenn eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls eines Kindes droht oder bereits eingetreten ist. In Verdachtsfällen sind die Jugendämter verpflichtet, das Gefährdungsrisiko und den Hilfebedarf abzuschätzen und dem entgegenzuwirken.