Nationalmannschaft: Schön war’s nicht, aber immerhin erfolgreich

Datum14.10.2025 04:49

Quellewww.zeit.de

TLDRDie deutsche Nationalmannschaft gewann knapp 1:0 gegen Nordirland, nachdem Oliver Baumann entscheidende Paraden zeigte und ein Tor von Nick Woltemade fiel. Trotz des Sieges bleibt die Offensive schwach, Chancen wurden nicht konsequent genutzt. Trainer Julian Nagelsmann äußerte sich positiv über das Ergebnis, jedoch blieb die Leistung mangelhaft. Mit diesem Sieg hat Deutschland seine WM-Qualifikationschancen verbessert, steht aber vor Problemen, insbesondere in der Offensive. Nordirland, das lange ungeschlagen war, zeigt sich enttäuscht über die Niederlage.

InhaltNach dem Sieg in Nordirland verteilt der Bundestrainer Fleißsternchen. Doch vor den entscheidenden WM-Qualifikationsspielen zeigt sich das größte Problem der Nationalelf. Keine Ahnung, wie es um das britische Eishockey steht, aber gute fünf Minuten vor dem Ende begannen die nordirischen Fußballer mit dem Powerplay. Der Ausgleich schien für sie absolut möglich. Sie drängten die Deutschen hinten rein; die schossen die Bälle nur noch aus der Gefahrenzone. Einen gleich auf die Tribüne. In der 88. Minute verhinderte Oliver Baumann den Ausgleich, indem er nach links unten abtauchte. Nicht seine erste Parade an diesem Abend. Kurz darauf blockte Jonathan Tah einen Schuss mit dem Kopf. Und am Ende kam für eine letzte Ecke auch noch der Torwart Bailey Peacock-Farrell nach vorne. Aber Offensivfoul. Das war's. Zum Glück für die deutsche Nationalelf hatte der Schiedsrichter Jesús Gil Manzano nur bescheidene zwei Minuten Nachspielzeit gegeben, was der nordirische Trainer Michael O'Neill hinterher als ridiculous bezeichnete – lächerlich. Die inzwischen nicht mehr unüblichen zehn Minuten hätten die Deutschen vielleicht nicht gegentorlos überstanden. So aber gewannen sie 1:0 in Belfast. Ein hart erkämpfter Auswärtssieg. O'Neill, der zum 100. Mal die Nationalmannschaft Nordirlands trainierte, sprach von einer schmerzhaften Niederlage. "Wir sind enttäuscht", sagte er. Weil er genau wie die Fans im Windsor Park wusste, dass an diesem Abend nicht nur die individuell deutlich schwächere, sondern auch die unglücklichere Mannschaft verloren hatte. Der Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte, er sei mit dem Ergebnis zufrieden. Der Rest, das Wie dieses Auswärtssieges, war für die Deutschen an diesem Abend zweitrangig. Die gute Nachricht aus deutscher Sicht: Die Nationalelf, die mit einer bösen Niederlage in der Slowakei in die WM-Qualifikation gestartet war, hat es wieder selbst in der Hand, ob sie 2026 in Kanada, Mexiko und den USA dabei ist. Mit Siegen im November gegen Luxemburg und die Slowakei wäre das sicher. Erfolgreich war die Auswärtsfahrt auf die Insel also. Schön anzusehen war's aber mal wieder nicht. Das ist die schlechte Nachricht. Etwa zwei Jahre hatten die Nordiren nicht mehr verloren im Windsor Park. Die knapp 18.000 Fans sorgten für eine Stimmung, wie man sie selten erlebt bei einem Länderspiel in Europa. Ab 30 Minuten vor dem Spiel, als der Stadion-DJ unter anderem Sweet Caroline und Bitter Sweet Symphony auflegte, war Remmidemmi. Für ein bisschen Zusatzmotivation hatte unfreiwillig Julian Nagelsmann gesorgt. Nach dem 3:1-Sieg im Hinspiel hatte der Bundestrainer in der BBC über die vielen langen Bälle der Nordiren gesprochen. Was er da sagte, empfanden in Nordirland manche als Beleidigung: "Diese Art von Fußball ist nicht besonders schön anzusehen, aber sie ist effektiv und nicht so einfach zu verteidigen." Vor dem Rückspiel sagte Nagelsmann zwar, das sei wertschätzend und nicht respektlos gemeint gewesen, aber da hing sein Spruch wahrscheinlich schon in der nordirischen Kabine. Klar, wie Deutschland in der 14. Minute beinahe in Rückstand geriet – durch einen langen Ball. Einen Freistoß aus der nordirischen Hälfte bekamen die Deutschen mehrfach nicht geklärt, irgendwann war der Ball ins Tor gestochert. Wer weiß, wie dieses Spiel gelaufen wäre, hätte kein Nordire im Abseits gestanden. Anschließend bekam Deutschland das Spiel ein bisschen besser in den Griff. Das heißt, Deutschland hatte die meiste Zeit den Ball, am Ende fast 70 Prozent der Zeit. Was Deutschland nicht hatte, waren große Chancen. Mal wieder nicht. Schon gegen das Leichtgewicht Luxemburg fielen drei von vier Toren nach Standards. Offensiv war Deutschland vor einem Jahr deutlich gefährlicher als aktuell. Und was machte der neue deutsche Superstar Nick Woltemade? Er traf! Sein erstes Tor im sechsten Länderspiel. Bei einer Ecke ragte er hervor wie ein Turm unter einstöckigen Häusern. 21 Zentimeter ist er größer als Isaac Price, der Woltemade am Kopfball hindern sollte. Das gelang tatsächlich, Woltemade traf den Ball mit der Schulter. Sein erstes Tor für Deutschland ist ein Glückstreffer. Und schon wieder ein Standardtor. Die beste Chance zum 2:0 hatte Karim Adeyemi gleich nach der Halbzeit. Bei einem Konter lief er seinem Gegner davon – selten war ein Qualitätsunterschied offensichtlicher –, allein vor dem Tor schoss er aber links vorbei. Auch das ist die aktuelle deutsche Nationalelf: Sie kriegt die Spiele auch dann nicht tot, wenn sie beste Chancen dazu hat. So blieb es knapp. Und so merkten die Heimfans spätestens nach einer Stunde, dass gegen diese deutsche Mannschaft Punkte nicht unmöglich sind. Im Gegenteil: Bei ihr hat man beständig das Gefühl, dass noch irgendwas schiefgehen könnte.