Datum17.10.2025 06:00
Quellewww.zeit.de
TLDRDie Elbvertiefung informiert über positive Entwicklungen im Hamburger Oberhafen, wie die dauerhafte Förderung der Hanseatischen Materialverwaltung und den Erhalt des Oberdecks. Zudem wurde die umstrittene unterirdische Toilette an der Mönckebergstraße stillgelegt, nachdem sie teuer saniert wurde. Der CDU-Landesvorsitzende kritisiert den Bürgermeister wegen der hohen Kosten des Elbtowers. Zudem gibt es neue Erkenntnisse im Fall "White Tiger", der mit schweren Vorwürfen konfrontiert ist. Der Bildungstrend zeigt stabilen Unterricht in Hamburg.
InhaltDie Elbvertiefung am Freitag – mit der Anklage gegen den "White Tiger", Hannah Arendt, Vorwürfen gegen den Bürgermeister und dem Ende einer sehr teuren Toilette Liebe Leserin, lieber Leser, vor dem Wochenende noch zwei gute Nachrichten aus dem Oberhafen: Die Hanseatische Materialverwaltung wird künftig dauerhaft gefördert. Ab 2027, wenn die HMV nach der Sanierung wieder in ihre alten Räume zurückzieht, übernimmt die Kulturbehörde die Hälfte der Miete. Für die Materialverwaltung ist das ein großer Schritt: Nach Jahren voller Provisorien gibt es endlich eine verlässliche Grundlage für die Zukunft. Die zweite gute Nachricht betrifft das Oberdeck. Der Außenbereich – eine hölzerne Terrasse mit Bäumen, Lichterketten und DJ-Pult – sollte eigentlich bald abgebaut werden. Doch das Team hat sich durchgesetzt, und so bleibt einer der schönsten und geselligsten Plätze im Hafen erhalten. Falls Sie die Hanseatische Materialverwaltung noch nicht kennen: Stellen Sie sich eine riesige Halle vor, irgendwo zwischen Theaterlager, Rumpelkammer und Flohmarkt. Man findet dort Schaufensterpuppen und Kronleuchter, Piratenschiffe, alte Telefone und Schreibmaschinen – also praktisch alles, was zu schön zum Wegwerfen ist. In dem gemeinnützigen Fundus werden ausrangierte Requisiten und Bühnenbilder gerettet, aufbereitet und neuen Projekten zur Verfügung gestellt – zum Leihen oder Kaufen. Nach und nach ist aus diesem Lager auch eine Bühne geworden für Konzerte, Feste und einen Weihnachtsmarkt. Ich habe mir dort schon mal sehr spontan einen roten Samtvorhang, ein Paar Boxhandschuhe und zwei Rettungsringe ausgeliehen. Was man eben so braucht an einem ganz normalen Freitagabend. Gerade steckt die Materialverwaltung mitten im zweiten von drei Umzügen. Denn die Hallen im Oberhafen werden saniert. Bis Ende des Jahres zieht das Team in eine Übergangshalle, in der der Fundus auch 2026 geöffnet bleibt. 2027 folgt dann die Rückkehr in die sanierten Räume – mit fester Förderung und einem Neustart auch für das Oberdeck, das während der Sanierung pausiert. Sollten Sie ähnlichen Deko-Bedarf haben wie ich: Nächsten Donnerstag lädt die HMV wieder zum "Rausverkauf", bei dem Fundus-Stücke verkauft werden. Vielleicht finden Sie ja etwas, von dem Sie gar nicht wussten, dass Sie es unbedingt brauchen. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende! Ihre Annika Lasarzik Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen, wissen Sie etwas, worüber wir berichten sollten? Schreiben Sie uns eine E-Mail an hamburg@zeit.de. Die umstrittene unterirdische Toilette an der Mönckebergstraße wird zugeschüttet. "Die Bauarbeiten werden nicht fortgeführt", teilten Umweltbehörde und Stadtreinigung mit. "Wesentliche Gründe sind erhebliche Anforderungen an die Baulogistik sowie widrige Umstände im gesamten Baufeld." Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler hatte Hamburg die öffentliche Toilette 2023 ein gutes Jahr lang für rund zwei Millionen Euro sanieren lassen. Doch nach nur rund drei Monaten Betrieb habe die Anlage Anfang 2024 wegen eines Wasserschadens gesperrt werden müssen. "Dieser Senat schafft es nicht einmal, eine öffentliche Toilette funktionsfähig zu halten", heißt es weiter. Angesichts der Pläne des rot-grünen Senats für den Elbtower hat der CDU-Landesvorsitzende Dennis Thering dem Bürgermeister Wortbruch vorgeworfen. Peter Tschentscher (SPD) habe noch vor wenigen Monaten den Hamburgerinnen und Hamburgern versprochen, es werde kein Cent Steuergeld in die Fertigstellung des Elbtowers gesteckt, es handele sich um ein rein privatwirtschaftliches Projekt, kritisierte Thering auf dem CDU-Landesparteitag im Bürgerhaus Wilhelmsburg. Geworden sei daraus die "Schocksumme" von knapp 600 Millionen Euro. Der rot-grüne Senat möchte für diese Summe das geplante Naturkundemuseum in dem seit rund zwei Jahren als Bauruine am Ostende der Hamburger HafenCity stehenden Elbtower unterbringen. In vielen Bundesländern sind die Leistungen von Schülerinnen und Schülern in mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern eingebrochen, doch in Hamburg ist das Niveau weitgehend stabil geblieben. Das zeigt die neueste Ausgabe des IQB-Bildungstrends. In Mathematik liege das Ergebnis sogar "signifikant über dem bundesdeutschen Mittelwert", schreiben die Bildungsforscher. Schulsenatorin Ksenija Bekeris (SPD) führt das unter anderem auf die "Mathe-Offensive" zurück, die bereits vor rund zehn Jahren eingeführt wurde und die Anzahl der Unterrichtsstunden in Mathematik erhöht hat. Für den IQB-Bildungstrend wurden mehr als 48.000 Schülerinnen und Schüler der neunten Klassen in den Fächern Mathematik, Biologie, Chemie und Physik getestet. • Auf dem Container-Terminal in Altenwerder stand am Donnerstag eine Containerbrücke in Flammen • Rund fünf Monate nach dem Messerangriff im Hauptbahnhof hat die Staatsanwaltschaft gegen die mutmaßliche Täterin ein Sicherungsverfahren beantragt. Ziel sei, die 39-Jährige in einem psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen, teilte die Anklagebehörde mit • Die Köhlbrandbrücke im Hamburger Hafen muss Ende des Monats wegen Bauarbeiten erneut für ein ganzes Wochenende gesperrt werden Im Fall "White Tiger" erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen einen 21-Jährigen. Erst nach und nach zeigt sich das wahre Ausmaß der Taten, die ihm vorgeworfen werden. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Text von ZEIT-Redakteur Christoph Heinemann. Die Soko "Mantacore" bei der Polizei Hamburg arbeitet abgeschirmt. Bis zu 40 Beamte werten mehr als zehn Terabyte an Daten aus; Tausende Bilder und mindestens 650 Videos, Mitschnitte von Livestreams im Internet. Zu sehen sind Kinder, in Tränen aufgelöst, die sich selbst verletzen. Da sind Männer, die sie dazu auffordern. Die sie beschimpfen, einander überbieten dabei, ihre Opfer zu immer noch grausameren Handlungen zu zwingen. Und da sind noch mehr Männer, stumme Zuschauer, erregt vom Leid vor ihren Augen. Noch detaillierter soll hier nicht beschrieben werden, was die Pädokriminellen des Netzwerks "764" ihren Opfern antaten. Aber als die Polizei im Juni einen heute 21 Jahre alten Hamburger verhaftete, der als "White Tiger" zu dessen Gründern gehört haben soll, sprach ein leitender Ermittler im Polizeipräsidium von einem "Abgrund, den wir noch nicht kannten". Das war, wie sich schnell zeigte, nicht falsch, aber auch nicht ganz richtig. Denn schon vor mehr als vier Jahren, im Sommer 2021, gab es Hinweise auf den Verdächtigen, wie Recherchen der ZEIT ergaben. Es dauerte jedoch drei Jahre, bis die Beamten die Gefahr richtig einschätzten, und weitere sieben Monate, bis sie genug Indizien gesammelt hatten, um den Verdächtigen zu stoppen. Nun erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, und klar wird: Selbst im Sommer, als ein Sondereinsatzkommando ihn zu Hause festnahm, wurde das Ausmaß des Falls noch unterschätzt. Damals war von 124 Taten die Rede, heute sind es bereits 204. Es geht um einen Mord an einem 13 Jahre alten Jungen aus den USA, den "White Tiger" in den Suizid getrieben haben soll. Und um fünf versuchte Morde, Fälle, in denen die Opfer es offenbar schafften, sich von ihren Peinigern zu lösen. Die Identität mehrerer dieser Kinder und Jugendlichen, so ist zu hören, kennen die Ermittler bislang nicht. Sie suchen noch nach Gesichtern, die in den Videos zu sehen sind. Aber auch die Zahl der mutmaßlichen Opfer ist bereits gestiegen, von acht auf 30. Die Auswertung aller Daten ist noch nicht abgeschlossen, das heißt, bis zu einem Prozessbeginn könnte noch mehr belastendes Material hinzukommen. Wie konnte das alles passieren? Und wie wollen die Ermittler den Mordvorwurf nun beweisen? Den vollständigen Text von Christoph Heinemannfinden Sie hier auf zeit.de. "Natürlich ist Hannah Arendt längst eine Pop-Figur, die nicht mehr aus Gedanken, sondern bloß noch aus hastig zusammengesammelten Zitaten besteht" ZEIT-Redakteur Peter Neumann bespricht das Theaterstück "Arendt", zu sehen im Hamburger Thalia-Theater – seine Rezension finden Sie hier. "Galactic by Stefan Fäth" steht an der Tür des neuen Lokals in der Westfield-Mall. Grund genug, über die Schwelle zu treten, auch wenn der Raum, offenbar noch in Arbeit, an ein leicht ramponiertes Gewächshaus erinnert. Fäth führt das Jellyfish in der Schanze, eins der besten Hamburger Restaurants. Hier allerdings wurde er nur für die "kreative Leitung" eingebunden, was vermutlich heißt, dass er die Karte gestaltet hat. Die liest sich wirklich kreativ – vielleicht ein bisschen zu sehr. Die Idee war offenbar, Imbissbuden-Klassiker zu veredeln – vom Mettbrötchen über Currywurst bis zu Fish ’n’ Chips. Witzig ist der Hot Dog von der Weißwurst mit Laugenbrioche und süßem Senf, auch wenn er eher als Warm Dog aus der Küche kommt. Neugierig macht auch die Wiederbelebung von Balkanstuben-Klassikern wie Schaschlik und Cevapcici. Dass Letzteres im Fladenbrot mit Joghurt kommt und mithin eher türkisch schmeckt, verwundert allerdings ein wenig. Das übrigens sehr gute Brot ist im Galactic ein Schwerpunkt. Vielleicht lieber ein Fischgericht; dafür ist Fäth bekannt. Tatsächlich macht der Teller mit den Frikadellen vom Seelachs optisch etwas her: Tupfer von Senfkörnern und Forellenkaviar; ein Kringel grünes Schnittlauchöl um den Kartoffelsalat. Die etwas trockenen und salzigen Frikadellen halten da aber nicht mit. Es lohnt wohl, dem Galactic noch ein wenig Zeit zu geben. Wer jetzt schon sein Glück versucht, kann dafür noch draußen sitzen, auf einer großen Terrasse mit Elbblick (und übler Musikbeschallung). Michael Allmaier In der Westfield-Mall, Überseeboulevard 7, Hafencity www.galactic-hamburg.de Aktuell ist im Museum der Arbeit die Jubiläumsausstellung "Louis Braille – 200 Jahre Blindenschrift" zu sehen. An verschiedenen Stationen können Braille-Schriften ertastet oder auch selbst erstellt werden. Am Montag, 20. Oktober, um 17 Uhr findet eine spezielle Führung durch einen Braille-Experten des Blinden- und Sehbehindertenvereins Hamburg mit anschließendem Expertengespräch statt, drei weitere solcher dialogischen Führungen sollen bis Februar 2026 folgen. "Louis Braille – 200 Jahre Blindenschrift", Ausstellung vom 1.10.2025 bis 16.2.2026; Museum der Arbeit, Wiesendamm 3; geöffnet täglich ab 10 Uhr (dienstags geschlossen); Tickets für die Führung am 20.10. um 17 Uhr online "100 Gramm ungarische Salami bitte. Aber bitte nicht so dünn schneiden." Der Verkäufer reicht mir eine Scheibe über den Tresen und fragt: "Recht so?" – "Ja, perfekt." Eine ältere Dame in der Warteschlange hinter mir, vernehmlich: "Na – was sagt man da?!" Ich: "Danke! – Und danke, ich fühlte mich kurz wieder wie zehn." Gehört von Lutz Rehkopf Das war die Elbvertiefung, der tägliche Hamburg-Newsletter der ZEIT. Wenn Sie möchten, dass er täglich um 6 Uhr in Ihrem Postfach landet, können Sie ihn hier kostenlos abonnieren.