Energiemonitor: Schafft Deutschland die Energiewende?

Datum14.10.2025 15:56

Quellewww.zeit.de

TLDRDer ZEIT-Energiemonitor analysiert die Fortschritte der Energiewende in Deutschland. Trotz gestiegener Energiepreise im Krisenjahr 2022 sind die Strompreise für Neukunden gefallen. Der Anteil erneuerbarer Energien wächst, während die Kohlekraft abnimmt. Deutschland strebt bis 2035 ein klimaneutrales Stromnetz an. Die Erzeugung ist wetterabhängig, weshalb Batteriespeicher wichtiger werden. Steuerliche Anreize für Elektroautos sinken, was die Nachfrage hemmt. Der Artikel beleuchtet zudem die Rolle von Genehmigungen bei Windkraftprojekten und die Preisentwicklung von Gas und Benzin.

InhaltWo gehen neue Windräder in Betrieb? Woher kommt der Strom? Reicht das Gas für den Winter? Der komplett überarbeitete ZEIT-Energiemonitor gibt Antworten. Im Energiekrisenjahr 2022 kostete Strom zeitweise mehr als 70 Cent je Kilowattstunde. Inzwischen sind die Preise für Neukunden deutlich gefallen. Nachdem Russland im Sommer 2022 die Gaslieferungen an Deutschland über die Nord-Stream-Pipeline eingestellt hat, stiegen die Preise für Gas rasant an. Inzwischen sinken sie wieder auf das Niveau vor der Gaskrise, die mit den zunehmenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine im Herbst 2021 begonnen hat. Die Preise für Superbenzin und Diesel folgen einem saisonalen Muster: Zur Haupturlaubszeit in den Sommermonaten ist der Sprit üblicherweise besonders teuer. Zudem hängt der Benzinpreis aber auch von den Weltmarktpreisen für Rohöl ab. Dabei spielen geopolitische Ereignisse und die Wirtschaftslage in wichtigen Absatzmärkten wie den Vereinigten Staaten oder China eine Rolle. Die Karte zeigt jedes Windrad, das in Deutschland in diesem Jahr ans Netz gegangen ist. Obwohl in Norddeutschland bereits die meisten Anlagen stehen, findet dort immer noch ein Großteil des Zubaus statt. Bevor ein Windrad gebaut werden kann, müssen es die örtlichen Behörden erst einmal ihre Zusage erteilen. Ein Blick auf die Genehmigungen zeigt daher, wo sich in Zukunft zusätzliche Rotoren drehen könnten. Bei der Solarenergie liegen die südlichen Bundesländer vorne. Sie sind relativ sonnenreich – und wohlhabend, was bei den Investitionen hilft. Nie zuvor haben Deutschlands Elektriker mehr Solaranlagen angeschlossen als im Jahr 2024. Auch die Zahl neuer Windräder steigt von Jahr zu Jahr, liegt jedoch unter dem Spitzenjahr 2017, als ein anderes Fördermodell galt. In den kommenden Jahren will die Bundesregierung den Zubau weiter vorantreiben. Das Wetter hat einen großen Einfluss auf Deutschlands Stromversorgung. An wind- und sonnenreichen Tagen können erneuerbare Energiequellen den größten Teil der Versorgung decken. Wenn es nicht reicht, kommen fossile, teure Energieträger wie Gas- und Kohlekraftwerke dazu.  Insgesamt ist der Anteil der erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren gewachsen, die Kohlekraft hat an Bedeutung verloren. Die letzten Kernkraftwerke gingen im April 2023 vom Netz. In vielen Monaten kommt mehr als die Hälfte des in Deutschland erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen wie Wind, Sonne, Wasser und Biomasse. Bis 2035 soll das Stromnetz komplett klimaneutral funktionieren, so plant es die Bundesregierung. Mehr Grünstrom im Netz bedeutet auch größere Schwankungen bei der Energieerzeugung und den Börsenpreisen. Der Bau großer Batterieparks wird daher immer wichtiger für das Gelingen der Energiewende, die Akkus wirken wie eine Pufferzone: Sie laden auf, wenn gerade viel Wind weht und die Strompreise günstig sind. Und sie werden angezapft, wenn die Preise hoch sind und Strom dringend gebraucht wird. Jahrelang stieg der Anteil der Fahrzeuge mit Elektromotor unter den Zulassungen. Doch zum Januar 2023 senkte die Bundesregierung die Subventionen beim Neukauf, das dämpft die Nachfrage. Anfang 2024 gehen die Fördersätze nochmals zurück. Ab 2035 sollen keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden. Anders lässt sich die gesetzlich festgeschriebene Klimaneutralität bis 2045 nicht erreichen, denn Autos fahren im Schnitt zehn Jahre. Doch von diesem Ziel entfernt sich die Realität zunehmend, die Flotte von Benzin- und Dieselautos wächst. Wer ein Haus hat, baut nicht so schnell ein neues. Die damit einhergehende Trägheit des Gebäudesektors zeigt ein Blick auf die Bestandsdaten. Obwohl die Wärmepumpe im Neubau weit vorne liegt, kommt sie insgesamt nur auf einen Anteil im einstelligen Prozentbereich aller Häuser in Deutschland. Der Blick auf die vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass sich am Energiemix erstaunlich wenig verändert hat. Zwar spielen erneuerbare Quellen heute eine wichtige Rolle bei der Stromerzeugung, doch Strom macht nur einen kleinen Teil des gesamten Energieverbrauchs aus. Preise Das Preisvergleichsportal Verivox betreibt eine Datenbank mit aktuellen Gas- und Stromtarifen verschiedener Anbieter. Für ZEIT ONLINE berechnet Verivox aus Grund- und Arbeitspreis die jährlichen Gesamtkosten für beispielhaft ausgewählte Haushalte. Bei Gas wird ein Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden angenommen, was etwa dem Heiz- und Warmwasserbedarf eines Einfamilienhauses entspricht. Bei Strom werden 4.000 Kilowattstunden angesetzt, das entspricht dem Bedarf eines Drei- bis Vierpersonenhaushaltes. In jedem Postleitzahlgebiet ermittelt Verivox nun das günstigste Angebot für diese Beispielhaushalte und errechnet daraus täglich einen Mittelwert für Deutschland. Die Auswertung bezieht sich auf Neuverträge mit zwölf Monaten Preisbindung. Gas- und Stromversorger, die nicht bei Verivox gelistet sind, bleiben unberücksichtigt. Die Benzinpreise stammen von dem Portal Tankerkönig und basieren auf digitalen Meldungen aller Tankstellen in Deutschland. ZEIT ONLINE fragt die Daten täglich über eine Schnittstelle automatisiert ab. Die Heizölpreise basieren auf einer Erhebung des Portals Esyoil. Um die Entwicklung aller Preise auf einen Blick vergleichbar zu machen, berechnet ZEIT ONLINE einen Preisindex, der die prozentuale Veränderung seit einem festen Stichtag ausdrückt. Als Referenzdatum dient der Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022. Der Krieg führte zu starken Preissprüngen auf den internationalen Energiemärkten. Strom Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme berechnet den Strommix viertelstündlich auf Basis von Daten der Kraftwerke und Netzbetreiber. Kleine Kraftwerke mit einer Leistung von weniger als 100 Megawatt sind nicht meldepflichtig, wodurch vor allem die Sektoren Biomasse und Solar unterschätzt werden. Die Stromerzeugung entspricht nicht dem Verbrauch, da Deutschland über das gemeinsame europäische Netz auch Strom ein- und ausführt. Alle Kraftwerke, die Strom ins Netz einspeisen, müssen im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur registriert sein. Aus den Neuregistrierungen ermittelt ZEIT ONLINE jede Woche, wie viele Windräder und Solarkraftwerke mit welcher Leistung neu ans Netz gehen. Diese Daten lassen sich mit den Ausbauzielen der Bundesregierung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz 2022 ("Osterpaket") abgleichen. Dargestellt ist der nötige Nettozubau an Anleistung, also der Neubau abzüglich alter Anlagen, die vom Netz gehen. Das Bundeswirtschaftsministerium kommuniziert teilweise Brutto-Zubauziele, die von den hier gezeigten Werten abweichen können. Selbst wenn Deutschland die gesetzlichen Ausbauziele erfüllt, reicht das nach Einschätzung zahlreicher Experten nicht aus, um die Verpflichtungen aus dem Klimaabkommen von Paris zu erfüllen. Die Standortdaten im Marktstammdatenregister können in Einzelfällen fehlerhaft sein, dann werden Windräder womöglich auf der Karte falsch platziert. Wir aktualisieren die Daten regelmäßig und greifen dabei auf einen Korrekturmechanismus des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung zurück. Die monatliche Auswertung zur Batteriekapazität stammt von der RWTH Aachen und basiert auf Daten aus dem Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur. Die Batteriespeicher werden dabei in die Kategorien Heimspeicher (bis 30 Kilowattstunden), Gewerbespeicher (30 bis 1.000 Kilowattstunden) und Großspeicher (ab 1.000 Kilowattstunden) unterteilt. Gas Eine Verordnung der EU verpflichtet die europäischen Netzbetreiber zu melden, wie viel Gas durch ihre Rohre strömt. Der Verband Entso-G sammelt und veröffentlicht die Daten. Die für das deutsche Gasnetz verantwortliche Firma Trading Hub Europe veröffentlicht ebenfalls Übersichtsdaten zu den Gaslieferungen nach Deutschland. Lieferungen aus einzelnen Ländern können auch negativ sein, dann fließt Gas von Deutschland ins Ausland. Angegeben ist stets das Land, aus dem das Gas unmittelbar nach Deutschland fließt. Dies muss nicht mit dem Land übereinstimmen, in dem das Gas gefördert wird. Deutschland reexportiert einen Teil des eingeführten Gases an europäische Nachbarländer. 8. Januar 2025: Wir haben den Energiemonitor überarbeitet. Wir konzentrieren unsere Darstellung in Zukunft auf den Ausbau der erneuerbaren Energien und den Stand der Energiewende. Zusätzlich zeigen wir nun auch den Ausbau der Batteriespeicher.   11. März 2024: Die Trendpfeile und Vergleichswerte zu Vorwochen bzw. Vorjahren oberhalb der Diagramme im Dashboard haben wir auf Grund der geringen Relevanz entfernt. 7. März 2024: Den kleinen Text zur aktuellen Lage-Einschätzung oben im Artikel stellen wir vorerst ein. 5. Januar 2024: Nun zeigen wir wieder den temperaturbereinigten Gasverbrauch für die laufende Heizsaison. 4. Januar 2024: Ein neuer Chart im Kapitel "Woher kommt der Strom?" zeigt nun, wie viel Strom Deutschland monatlich ein- und ausführt – und welche Erzeugungsart jeweils dahintersteht. 17. November 2023: Wir haben den Energiemonitor grundlegend überarbeitet. Die Inhalte sind in einer neuen Struktur entlang von Leitfragen sortiert. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien stellen wir künftig ausführlich und regionalisiert dar. Bei der Windenergie kommen die genehmigten Anlagen als Frühindikator dazu. 11. September 2023: Die Daten zum Ausbau der Windenergie enthielten bislang auch einige Windräder auf dem Meer. Die Ausbauziele, mit denen wir den Zubau abgleichen, beziehen sich jedoch nur auf Windkraft an Land. Wir haben den Fehler korrigiert und erfassen nun ausschließlich Onshore-Windkraftanlagen. Mit Stand heute reduziert sich die in 2023 zugebaute Leistung damit um etwa 0,22 Gigawatt. 7. Juli 2023: Wir haben Daten zu Heizungen im Neubau aufgenommen. 28. Juni 2023: Daten zum Strommix und dem Anteil der Erneuerbaren Energien beziehen wir nun von der Plattform Energy-Charts des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. 3. April 2023: Mit dem Ende des Winters werden die Gasspeicher-Szenarien vorerst nicht weiter aktualisiert. 30. März 2023: Die Übersicht über Gasimporte enthält nun Flüssiggas, das an den Terminals in Wilhelmshaven und Brunsbüttel ankommt. 15. März 2023: Wir haben das Kapitel Strom um Indikatoren ergänzt, die die Elektrifizierung der Autoflotte abbilden. 9. Januar 2023: Für eine bessere Vergleichbarkeit betrachten wir bei den Gas- und Strompreisen für Neukunden ab sofort nur noch Tarife mit mindestens zwölfmonatiger Preisbindung. Rückwirkend ergeben sich dadurch vor allem im Herbst 2022 teils deutlich höhere Preise. 5. Januar 2023: Die Gasimporte über die neuen LNG-Terminals in Deutschland sind nun gesondert ausgewiesen. 13. Dezember 2022: Zusätzlich zu den viertelstündlichen Daten zeigen wir nun auch Tages- und Monatswerte für den Energiemix und den Anteil der Erneuerbaren im längeren Zeitverlauf. 12. Dezember 2022: Für Strom geben wir nun neben den Neukundenpreisen auch die Auktionspreise am Folgetag (Day-Ahead) im Wochenmittel mit an. 29. November 2022: Seit heute zeigen wir in den Grafiken zum Gasverbrauch nicht mehr die Minimal- und Maximalwerte der Bundesnetzagentur, da diese lediglich Tages- und keine Wochenwerte darstellen. Stattdessen berechnen wir die Wochenwerte nun aus den von Trading Hub Europe bereitgestellten Daten selbst. Den Füllstand der Gasspeicher vergleichen wir nun jeweils mit verschiedenen Szenarien und Zielpfaden, um eine Einschätzung der aktuellen Versorgungslage zu ermöglichen. 8. November 2022: Wir haben die Grafik "Wie sich die Speicher füllen und leeren" angepasst. Anstatt wie bisher die Veränderung zum Vortag selbst zu berechnen, zeigen wir ab heute den Trend von Agsi, der die Speicherkapazität berücksichtigt. 14. Oktober 2022: Seit heute zeigen wir eine Grafik mit der wöchentlichen Abweichung des üblichen Gasverbrauch bei vergleichbarer Temperatur. 12. Oktober 2022: Da Russland die Gaslieferungen weitgehend eingestellt hat und durch Nord Stream 1 kein Gas mehr fließt, haben wir die entsprechende Grafik ausgeblendet. Stattdessen zeigen wir nun eine Übersicht über die insgesamt importierten Gasmengen. 6. Oktober 2022: Der Energiemonitor wurde komplett überarbeitet. Neu hinzu kamen täglich aktualisierte Heizölpreise von esyoil. Hinzugekommen sind auch täglich aktualisierte Gaslieferungsdaten aus ausgewählten Ländern, bereitgestellt von Trading Hub Europe. Bei den Gaspreisen zeigen wir nun zusätzlich die Börsenpreise von EEX. Außerdem sind jetzt auch stündlich aktualisierte Benzinpreise auf Kreisebene auf einer Karte zu sehen. Der Gasverbrauch von Privathaushalten und kleineren Unternehmen wird nicht laufend gemessen, es liegen nur geschätzte Daten vor. Bislang verwendeten wir die tägliche Schätzdaten von Trading Hub Europe; nun haben wir auf eine neue, zuverlässigere Schätzmethode der Bundesnetzagentur umgestellt, die wöchentlich aktualisiert wird.