Pflege: Regierungskommission will im Pflegegrad 1 weniger Geld auszahlen

Datum14.10.2025 11:35

Quellewww.spiegel.de

TLDREine Regierungskommission schlägt vor, die Leistungen des Pflegegrads 1 zu reformieren, darunter die Kürzung des monatlichen Entlastungsbeitrags von 131 Euro. Der Zwischenbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegeversicherung betont eine Umwidmung der Gelder für präventive Pflege. Eine Abschaffung des Pflegegrads 1 ist nicht geplant, jedoch kritisieren Experten die Effektivität bisheriger Leistungen. Gesundheitsministerin Warken fordert eine umfassende Reform, während SPD-Politiker gegen mögliche Einsparungen im Pflegebereich argumentieren. Der Abschlussbericht wird für Dezember erwartet.

InhaltDer Vorschlag, den Pflegegrad 1 abzuschaffen, war für viele ein Schock. Ein Zwischenbericht der zuständigen Regierungsexperten zeigt, worauf man sich tatsächlich einstellen muss. Dieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde. Bei einer Reform der Pflegeversicherung könnten unter anderem die Leistungen für den Pflegegrad 1 neugestaltet werden. Das geht aus einem Zwischenbericht (PDF)  hervor, den die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Zukunftspakt Pflege" dem Bundesgesundheitsministerium vorgelegt hat. Demnach sollen die Gelder, die bislang für den Entlastungsbetrag ausgegeben werden, zukünftig ganz oder teilweise "umgewidmet" werden. Damit sollte man eine "frühe fachpflegerische, präventionsorientierte Begleitung" schaffen. Der Entlastungsbeitrag beträgt derzeit 131 Euro im Monat. Er steht Menschen im Pflegegrad 1 grundsätzlich zur Verfügung. Die Betroffenen können ihn für verschiedenste Arten pflegerischer Unterstützung und für Hilfe im Haushalt verwenden. Allerdings müssen sie in Vorleistung gehen und bekommen das Geld bis zu dieser Obergrenze zurückerstattet, wenn die Dienstleister bestimmten Kriterien entsprechen. Die Arbeitsgruppe reagiert auf Kritik an dem Entlastungsbeitrag. Laut ihrer Einschätzung wird seine Wirksamkeit stark angezweifelt. Andererseits nähmen Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 empfohlene Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen oft nicht in Anspruch. Dabei wurde der Pflegegrad 1 im Jahr 2017 unter anderem mit dem Ziel eingeführt, durch frühe Vorsorge viele Menschen vor stärkerer Pflegebedürftigkeit zu bewahren. Eine Abschaffung des Pflegegrads steht damit für die Experten nicht zur Debatte. Dieser Vorschlag hatte Ende September noch für Wirbel gesorgt (mehr dazu hier). Vielmehr betont die Arbeitsgruppe, wie wichtig es sei, dass der Zugang zu den bestehenden Angeboten zur Unterstützung im Alltag im Pflegegrad 1 erhalten bleibt. Als positiver Nebeneffekt könnte diese Neuausrichtung dazu beitragen, den Kostenanstieg im Pflegesystem zu dämpfen: dann nämlich, wenn sich die Präventionswirkung tatsächlich verbessert. Dabei ist es wichtig zu wissen: Es handelt sich um einen Zwischenbericht der Arbeitsgruppe; ihren Abschlussbericht soll sie wohl im Dezember vorlegen. Und auch dann ist offen, welche Vorschläge tatsächlich und in welcher Form umgesetzt werden. Als Abonnentin oder Abonnent von SPIEGEL+ haben Sie die Möglichkeit, manager+ zum Vorteilspreis dazuzubuchen. Darin enthalten sind alle Inhalte von manager magazin+ und Harvard Business manager+. Damit ist es das ideale Abo für alle, die tiefe Einblicke in die deutsche Wirtschaft, die Chefetagen großer Unternehmen und in die spannendsten Start-ups suchen. Jetzt flexibel upgraden: Sichern Sie sich manager+ für nur 2 Euro pro Woche! Der Pflegegrad 1 nimmt im Bericht nicht einmal den größten Raum ein. So wird etwa auch die Anpassung der Pflegeleistungen an eine wirtschaftliche Kenngröße wie die Lohnentwicklung oder die Inflationsrate besprochen. Ein anderer Punkt ist die Einführung einer verpflichtenden privaten Zusatzversicherung, um die verbleibenden Eigenanteile abzudecken. Die Autoren legen sich hier aber noch auf keine Bewertung fest. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte: "Eine umfassende Reform ist überfällig." Bund und Ländern müsse eine Kraftanstrengung gelingen. Die Wirkung bisheriger Leistungen müsse aus Effizienzgründen auf den Prüfstand. Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister Nordrhein-Westfalen Nun sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU): "2017 hatten wir bei der letzten großen Pflegereform die Pflegegrade eingeführt. Das war zu der Zeit auch richtig." Doch inzwischen habe man ein hochkomplexes Leistungsrecht, in dem die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen sich oftmals nicht mehr zurechtfänden. "Zudem haben wir in der Pflegeversicherung noch keine guten Lösungen für pflegerische Akutfälle – wenn zum Beispiel kurzfristig die Pflegeperson ausfällt und ganz schnell eine Versorgung gefunden werden muss", so Laumann weiter. Dies sei Teil der Reformüberlegungen. Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) sprach sich für eine Stärkung der heimischen Pflege aus. Dagmar Schmidt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, und Gesundheitsexperte Christos Pantazis erklärten in einer gemeinsamen Stellungnahme: "Mit uns wird es kein Spargesetz auf dem Rücken der Schwächsten geben."