Datum20.07.2025 07:25
Quellewww.spiegel.de
TLDRDer Artikel empfiehlt drei aktuelle Kochbücher für zu Hause, die internationale Küchen präsentieren: "Porto" von Sylvie da Silva, das authentische portugiesische Rezepte und Impressionen zeigt, und "Splendido" von Mercedes Lauenstein und Juri Gottschall, das die essenzielle italienische Küche feiert. Außerdem wird "Das Buch der Pintxos" von Marti Buckley empfohlen, das die baskischen Tapas beschreibt. Jedes Buch hebt die Kultur und Kulinarik der jeweiligen Region hervor und bietet eine Vielzahl an Rezepten sowie interessante Hintergrundinformationen.
InhaltSie schaffen es in diesem Sommer mal wieder nicht nach Portugal, Italien oder ins Baskenland? Kein Problem, unser Autor empfiehlt drei aktuelle Rezeptsammlungen, mit denen der Urlaub auch zu Hause schmeckt. Die Touristikmanagerin Sylvie da Silva wuchs als Tochter portugiesischer Eltern in der französischen Champagne auf. Das Herz der ambitionierten Hobbyköchin schlägt jedoch nah an den Töpfen und Pfannen ihrer Großeltern in Portugal. 2018 erschien ihr Herdreport "Lissabon" über die kulinarischen Feinheiten der Hauptstadt, nun ist die nächste Metropole dran: Das stimmungsvoll fotografierte Koch- und Reisebuch "Porto" macht seinem Untertitel "Authentische Rezepte und Impressionen aus Portugals faszinierender Hafenstadt" alle Ehre und wurde nach dem Erscheinen der französischen Originalausgabe Ende 2024 mit dem "International Travel Book-Award" ausgezeichnet. Dieser Text enthält mit dem Hinweis "Anzeige" gekennzeichnete Affiliate-Links, über die der Verlag, aber nie der Autor individuell, bei Verkäufen eine geringe Provision vom Händler erhält. Auf 192 Seiten, leider ohne Sach- und Rezeptregister, bereist da Silva die Küchen, Portweinkellereien und malerischen Orte im Norden Portugals. Das Meer prägt die Speisen der Region mit Muscheln und Fischen, allen voran der Stockfisch Bacalhau. Dazu kommen Gewürze wie Piripiri, Zimt oder Koriander, die von portugiesischen Seefahrern in ihre Heimat mitgebracht wurden. Ebenso prägend sind die Produkte der Landwirtschaft wie Kohl, Bohnen, Zwiebeln oder Kartoffeln, mit denen die insgesamt recht fleisch- und fischlastigen Speisen begleitet werden. Preisabfragezeitpunkt 14.10.2025 16.19 Uhr Keine Gewähr Die Rezepte sind in ihrer Schöpfungshöhe überschaubar. Hier ist das Produkt der Star wie bei Polvo á lagareiro, dem gebratenen Tintenfisch mit Kartoffeln. Dazu kommen unzählige Bacalhau-Gerichte, Innereienzubereitungen wie Dobrada (Kutteln). Es gibt typische Feijoada-Eintöpfe mit Blutwurst, Speck, Kohl und Schweineohren, aber auch spannende Kombinationen wie Schweinefleisch mit Herzmuscheln oder Hühnersuppe mit Minze. Da Silva kocht dies alles so ursprünglich wie möglich. Deshalb ist nicht jedes Gericht hierzulande ohne einen gut vernetzten Fleischer oder Fischhändler in der Nähe nachkochbar. Muss es aber auch nicht. Zum einen sind die allermeisten Rezepte in ihrem Wesenskern auch mit hiesigen Zutaten machbar. Außerdem bleibt so ein guter Grund, den Norden Portugals mal persönlich zu bereisen. Wer braucht das? Alle, die wissen wollen, warum Stockfisch, Schweineohren oder Seespinne besonders in der Gegend von Porto so gut schmecken. Typisches Rezept? "Bacalhau á Gomes de Sá" (Stockfischgratin) Was kostet das? 24 Euro "Splendido" rufen Italienerinnen und Italiener, wenn sie etwas wunderbar finden. Das Attribut trifft auch auf die Arbeit von Mercedes Lauenstein und Juri Gottschall zu. Die beiden pendeln zwischen München und Norditalien, 2018 gründete das Duo aus der Leidenschaft zur italienischen Küche das Online-Kochmagazin "Splendido" . Es wurde Namensgeber für ihre ersten beiden Werke: "Splendido. Italienisch Kochen mit besten Zutaten und viel Gefühl" (2022) und "Splendido. Italienische Produktkunde und Rezepte" (2023). Beide wurden mit dem Deutschen Kochbuchpreis ausgezeichnet. In ihren Warenkunde- und Rezepttexten spiegeln die beiden die wahre Stärke der italienischen Küche wider: Das Lebensmittel ist der Star. Kaum ein Rezept braucht mehr als fünf oder sechs Zutaten – und schon gar keine Maßangaben. Die gab es früher in keinem italienischen Kochbuch. "Der schönste Weg zu gutem Essen führt über Neugier und Risiko", schreiben die Autoren. "Es ist wie im Leben, man kann noch so viele Ratgeber lesen, das Entscheidende passiert durch Erfahrung am eigenen Leib." Preisabfragezeitpunkt 14.10.2025 16.19 Uhr Keine Gewähr Kochnovizen, die noch die Menge des rezeptierten Eigelbs grammgenau vorgegeben haben wollen, werden wahrscheinlich an dieser speziellen Splendido-Snobbyness verzweifeln. Immerhin: Lauenstein und Gottschall bemaßen überall dort, wo es auch für erfahrene Hobbyköche Sinn ergibt – also besonders beim Backen. Denn beispielsweise die mit Crema Pasticcera belegten Brandteig-Krapfen Zeppole di San Giuseppe gelingen eben nicht frei Hand. Hier ist es entscheidend zu wissen, dass der Teig 200 Gramm Butter, 250 Gramm Mehl (Tipo 00) und 250 Milliliter Wasser benötigt. Nicht einmal das steht in der Zutatenliste, sondern nur in den mit der typischen Splendido-Lockerheit formulierten Zubereitungstexten. Die Gemüsezutaten der Rezepte sind radikal saisonal, so sind sie frisch und passen in das Konzept des Untertitels "Italienische Küche für Frühling und Sommer": Favabohnen, Feigenblätter, Kirschen, Erbsen, Spargel, Mönchsbart, Bärlauch, Artischocken, Löwenzahn, Mangold und Pfirsich. (Der Nachfolgeband "Herbst und Winter" ist bereits in Arbeit.) Ergänzt wird das Gemüse von größtenteils selbst gemachter Pasta und den ohnehin vorhandenen Dauerzutaten wie Kapern, Sardellen, Öl, Semmelbrösel, Reis, Dosenthunfisch oder Taggiasca-Oliven. Passend zu den puristischen Produkten ist auch die durchweg einfache Zubereitung mit klassischen, einfachen Kochmethoden und Würzungen – wenig Salz, kaum Gewürze, meist genügt ein Faden hochwertiges Olivenöl zum Abschmecken. Wer weiß, worauf er sich einlässt, findet auf 208 Seiten einen Schatz der in ihrer simplen Schönheit weltberühmten italienischen (Volks-)Küche. Man wird wohl mehr als nur einmal Klassiker wie Tagliatelle all’Ortica, Schiacciata di Uva, Risotto all’Ortolana und Carciofi alla Romana nachkochen wollen. Wer braucht das? Freunde der unverfälschten, originalen italienischen Küche aus den besten Zutaten, die der Wochenmarkt erntefrisch zu bieten hat. Typisches Rezept? "Parmigiana di Carciofi" Was kostet das? 32 Euro 312 Buchseiten über kleine nordspanische Bar-Snacks, deren Namen wohl die wenigsten Menschen jenseits des Baskenlandes korrekt aussprechen (pɪntʃos; pin-chos)? Immerhin führt der Untertitel auch gelegentliche Spanienurlauber auf die richtige Spur: "Absolut alles über die baskischen Tapas". Selbst für Spanierinnen und Spanier verschwimmt jedoch der Übergang zwischen beiden Speisekonzepten. Tapas und Pintxos sättigen in der Regel nicht, sondern sind eher kleinere Häppchen. Erstere gab es früher in den Bars meist kostenlos zum Getränk. Pintxos zahlt man extra und isst sie im Stehen an der Bar. Sie sind bis heute meist kleiner, mit einem Zahnstocher spießt man sie auf. All das erklärt die in San Sebastián lebende US-Food-Journalistin Marti Buckley ("The Telegraph", "National Geographic") schon im Einleitungskapitel. Man kann es drollig finden, so einer winzigen Kleinigkeit gleich eine opulent bebilderte und wunderschön layoutete Kulinarikbibel zu widmen. Jedoch reicht der Arm von gut durchkomponierten Speiseminiaturen mittels Formaten wie "The Taste" ja längst weltweit bis ins Fernsehzimmer – und in der Form des Amuse-Gueule auch bis auf die leinengedeckten Tische der Sternegastronomie. Buckley bildet dieses Spektrum in ihrem Buch vollumfänglich ab, immerhin ist das Baskenland mit Gourmetmetropolen wie Bilbao oder San Sebastián seit Jahrzehnten eines der wichtigsten Berufsreiseziele der Michelin-Inspektoren. Preisabfragezeitpunkt 14.10.2025 16.19 Uhr Keine Gewähr Die interessieren sich wohl weniger für die urig-simplen kleinen Gildas (Spießchen mit Sardelle, Olive und Guindilla-Paprika) und nicht einmal für Edel-Brothappen wie das dick mit Hummerfleisch belegte Tosta de Bogavante. Die anonymen Testesser würden sich wohl eher interessieren für die aufwendig zubereiteten Minis baskischer Spitzenköche im Kapitel "Küchen-Pintxos": etwa gegrillte Jakobsmuschel in Mandelsuppe, gebratene Gänsestopfleber und stundenlang geschmorte Ochsenschwanz-Ravioli. Weitere Abschnitte behandeln Frittiertes, Gebackenes, Salatartiges oder süße Häppchen. Man isst sie allesamt am Tresen und meist mit den Händen, danach lässt man die Serviette auf den Boden gleiten. Normalerweise verspeist man nur ein oder zwei Pintxos bei Unterhaltung mit den Nachbarn zu einem Glas Wermut oder Bier – und zieht weiter in die nächste Bar. Buckley hat sich von den Köchen ihrer baskischen Wahlheimat Dutzende Originalrezepte verraten lassen und diese nachvollziehbar zu Papier gebracht. Mindestens einen vergleichbaren Raum nehmen im Buch aber tolle Pintxo-Bar-Tipps und eine Fülle von Hintergrundgeschichten und historischen Abrissen ein. Das macht Spaß, noch bevor das erste Spießchen abgekaut zu Boden gefallen ist. Wer braucht das? Alle, die wirklich alles über diese nordspanische Art der Tapas wissen wollen. Typisches Rezept? "Tartaleta de Txangurro" (Spinnenkrabbentörtchen) Was kostet das? 39,99 Euro